Aus heutiger Sicht scheint es kaum noch glaubhaft, dass die Hackerkultur gemeinsam mit all ihren Begeisterten seinen Ursprung in einer der bekanntesten und größten Universitäten der Welt hatte, dem MIT. Hier begann die Reise in eine Welt der Software, die heute noch für viele nicht fassbar zu sein scheint, und doch für die Programmierer, den Erschaffern der digitaler Welten, zur Lebensweise geworden ist.
Die Hackerkultur und der damit mitgelieferte Lifestyle hat seine Spuren bis ins heutige Zeitalter hinterlassen. Der Kampf um einen offenen Wissensaustausch und eine freie Software ist eine Ideologie, die noch heute großen Einfluss auf alle Beteiligten in der Computerwelt hat.
Die immer voranschreitende Entwicklung des freien Betriebssystems Linux zeigt beispielsweise, wie sehr sich der Protest gegen Bill Gates Softwarepolitik so lange und so stark aufrechterhalten konnte. Die Interessengemeinschaften, die für offene Software stehen wachsen kontinuierlich weiter und der Wunsch nach offenem und freien Austausch von Informationen schafft immer neue Gruppierungen.
Auf der einen Seite stehen die kommerziellen Softwareproduzenten und auf der anderen Seite die überzeugten Technikfreaks. Beide Seiten führen bis heute einen ständigen Kampf um ihre eigenen Ansichten. Während der kommerzielle Aspekt heute durch den Gesetzgeber unterstützt wird, hat sich womöglich durch harte Maßnahmen eine immer größer werdende, teils rebellische, teils auch sehr konstruktive Community entwickelt.
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Anzeige | Gesponserte AngeboteDas Internet kontrollieren
Es muss die Frage gestellt werden, ob der Versuch ein Netzwerk wie das Internet kontrollieren zu wollen nicht grundsätzlich einen Gegeneffekt auslöst.
Gerade das Internet lebt und profitiert seit seiner Entstehungsgeschichte davon, dass jeder Benutzer als Teil der Community Informationen publizieren kann. Auch heute sieht es noch so aus, als wäre das Internet trotz allen rechtlichen Maßnahmen immer noch einer Art Selbstregulation unterstellt.
Die entstandene und für Außenstehende nicht durchschaubare Subkultur der Cyberszene unterstreicht diese Entwicklung. Angefangen von den ersten Hackern, haben sich weitere Generationen von Szenen formiert, die neue Ideale gebildet haben. Aus einer Szene wurden schließlich mehrere Szenen und die Steigung der Szenen ist aus geschichtlicher Beobachtung exponentiell gestiegen. Jede Szene der Cyberkultur hat es in Abständen von 20 Jahren geschafft sich komplett neu zu formieren und trotzdem die alten Strukturen in die neue Generation weiter zu übergeben.
Die Idee der Selbstregulierung wird neuerdings auch bewusst im Internet von Interessensgemeinschaften unterstützt. Der Gedanke, ein System sich selbst zu überlassen ist im Grunde nicht neu. Der Begriff wurde im Jahre 1929 von Walter B. Cannon eingeführt und kommt in der Systemtheorie (Kybernetik) vor. Systemtheoretiker sind für ein Systemdenken und halten die Einhaltung von Systemregeln für notwendig, wenn Systeme fehlerfrei arbeiten sollen. Wenn Systeme jedoch in unbeherrschbare Komplexe wachsen, wird eine Regulation nicht mehr möglich. Die Kontrolle kommt an ihre Grenzen, wenn es um die Überwachung von Netzwerken wie das Internet und die darin interagierenden Teilnehmer geht. Die Selbstregulation soll dann das System durch Rückkopplung in einem stabilen Zustand halten.
Selbstregulierende Systeme
Unüberschaubare Subkulturen und der Nachfrage entgegenarbeitende Gesetze und Regulationen können aber auch ungewollt selbstregulierende Systeme motivieren.
Gerade das Hinzukommen neuer Prüfer und Kritiker, die die Entstehungsgeschichte und Motivation der Strukturen nicht kennen führt dazu, dass immer mehr Akteure die Flucht zur einer Subkultur und geschlossener Gemeinschaft ergreifen.
Das wohl bekannteste und erfolgreichste Experiment mit offenen und selbstregulierenden Systemen ist derzeit die Online-Enzyklopädie Wikipedia. Jeder Benutzer, ob eingetragen oder nicht, hat hier die Möglichkeit in jedem beliebigen Thema Inhalte zu verändern oder neu anzulegen. Es gibt keine Kontrollinstanz, die die Richtigkeit der Inhalte überprüft. Dennoch ist das System sehr stabil und nicht anfällig für Fehlinformationen. Die wohl wichtigste Sicherheit, die Wikipedia bietet ist, dass jede ehemalige Version nach Aktualisierung gespeichert bleibt. Wenn jemand also Inhalte verändert, sehen das nicht nur alle anderen Benutzer, man kann auch ehemalige Beiträge mit wenigen Klicks wiederherstellen. Legt man dagegen selbst neue Artikel an, dauert es meist nicht lange, bis ein zweiter sich dem Thema annimmt und darin weiterschreibt oder Fehler korrigiert. Wikipedia ist somit ein selbstregulierendes System und lebt von der Community.
Auch wenn die Industrie dies nur schwer nachvollziehen kann, ist auch das Internet mit ihren Subkulturen zu einem System geworden, dass sich selbst reguliert und ungern unter zentralen Kontrollinstanz stehen möchte. Zumindest hatten selbstregulierende System ihre Aufgaben funktional erfüllt: Erst die Natur, der Organismus Mensch, und zuletzt auch das Internet. Vielleicht ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch die Industrie nachvollzieht, dass nicht der Kampf gegen die Schar von Benutzern zum Ziel führen kann, sondern eine Richtung, die beide Interessen berücksichtigt.