Im Laufe der Jahre hat sich die Szene (bekannt auch als „The Scene“ oder „Release Scene“) im Hinblick auf die Vergangenheit stark verändert. Inwiefern die alten Strukturen Einfluss in die heutige Zeit nehmen, bleibt für die meisten Newcomer der Szene und andere Interessierte undurchschaubar. Dennoch sind ähnliche Strukturen, auch wenn sie sich heute von alten unterscheiden, sichtbar. Denn jede Szene hat seine Geschichte …
Jargon
„Wenn ein Cracker ein Major released, wird dieser worldwide gespreadet, und nicht selten kommt es vor, dass Trader auch mal genuked werden, wenn sie in die Boards Doubles uploaden – denn das ist ja lame.“ So ungefähr hörte es sich an, wenn Szenemitglieder miteinander kommunizierten. Nun muss man sich in der heutigen Zeit eingestehen, dass sich dieser elitäre Slang stark gewandelt hat. Und auch ein Wandel der Strukturen der Szene ist nicht von der Hand zu weisen.
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Anzeige | Gesponserte AngeboteDiese szenespezifische Sprache baute in den meisten Fällen eine gewisse Schutzmauer gegen Außenstehende auf, denn nicht selten kam es vor, dass auch legale „Demoscener“ mit Ermittlungen und Hausdurchsuchungen rechnen mussten. Zwar arbeitet man als Mitglied einer Demogruppe in einem Rahmen der Kreativität an einer Demo, doch als Teil einer Vereinigung, dessen Wurzeln im illegalen Treiben (der Cracker-Szene) verankert bleibt ist die weiße Weste meist nicht ganz unbefleckt. Gerade in den Blütezeiten der Szene waren „Hackerjäger“, darunter auch der berüchtigte Rechtsanwalt von Gravenreuth unterwegs, um illegal agierende Szenemitglieder zu Fall zu bringen. Somit hatte dieser nur für Insider verständliche Szenejargon im Laufe der Jahre eine immer wichtigere Bedeutung angenommen. Während der kontinuierlichen Entwicklung der Szene haben sich bislang eine Menge Begriffe und Abkürzungen entwickelt, dessen Definitionen heute von Außenstehen den schnell missverstanden werden können. Das liegt wohl auch an der zunehmenden Anzahl der Computeranwender, die vorher noch nicht in Kontakt mit der Szene getreten sind.
Die meist unseriöse Berichterstattung in den Medien sorgt jedoch nicht unbedingt für Aufklärung. Damit verbunden wächst das Interesse an „Hackern“, den zwielichtigen Benutzern der Cyberwelt. Die jüngsten Hackerattacken auf ZDNet, eBay, Yahoo und andere öffentliche Server sind beste Beispiele für heiße Schlagzeilen. Auch der, Love-Letter-Virus, der erst kürzlich für viel Furore sorgte, war ein gefundenes Fressen für die Medien.
Durch zahlreiche Berichterstattungen versuchen Sender und gerade Boulevardmagazine die Wissenslücke der Ottonormal-Verbraucher auszunutzen und die eigentlichen Informationen mit Sensationen zu füllen. So werden immer mehr Begriffe aus dem Szenebereich mit anderen vermischt, an Tatsachen wird gerne herumgetrickst.
Bad guys, good guys
Ein Cracker ist jemand, der den Kopierschutz einer Software entfernt und somit die Verbreitung ermöglicht (cracken = den Kopierschutz knacken). In den frühen 80er Jahren erstmals in den USA von Einzelgängern ins Leben gerufen, fingen derartige und andere Begriffe an, sich in Kreisen der Computerfreaks zu etablieren. Erst nachdem sich die Software-Industrie verstärkt darauf konzentrierte, nun auch komplizierte Algorithmen in ihren Kopierschutz einzubauen, um Einzelgänger vom Cracken abzuhalten, bildeten sich Gruppierungen, die sich gezielt auf das Cracken spezialisierten. Angefangen auf dem bekannten Commodore 64 und später auf dem Amiga und von dort auf alle anderen Plattformen, bauten die Cracker damals kleine Demos (Intros) in ihre frisch gecrackte Software ein, um auch ihre eigenen Gruppennamen durch die Welt zu tragen. So entstand dann auch der Begriff „Cracktro“ (von „Crack Introduction“, einem kleinen Vorspann, der als Werbefläche fungiert). So muss man sich die Entstehung dieser einzigartigen „Szene“ jedenfalls vorstellen.
Während dieser Zeit hat sich auch ein falsches Verständnis über derartige Begriffe verbreitet. Beispielsweise wird der Begriff „Hacker“ heute noch von jedermann anders interpretiert. Auf der einen Seite versteht der Durchschnittsanwender unter „Hacker“ einen Computerfreak, der mit seinem Computer böse Absichten hegt, um die Systeme fremder Leute zu verwüsten. Nicht unbeteiligt sind natürlich die Medien, die aufgrund der Aktualität des Themas derartige Begriffe als spektakulär verkaufen, um dadurch höhere Aufmerksamkeit zu erzielen. Auf der anderen Seite haben sich Hunderte von Vereinigungen, darunter auch der Chaos Computer Club, gebildet die hart darauf beharren, dem Begriff Hacker eine ethische Bedeutung zu verleihen. Somit seien böse Computeranwender eindeutig mit „Cracker“ zu unterscheiden, die aber nichts mit „Knacken einer Computersoftware“ zu tun haben. Nach dieser Auffassung sind Hacker kritische und kreative Computeranwender, die mit ihrem speziellen Know-how nur „gute“ Absichten pflegen – und doch haben sie nichts mit der Demoszene gemein.
Nach nun mehr als zwanzig Jahren Entstehungsgeschichte ist die Szene weltweit in Tausende von unabhängige Gruppierungen gesplittet, die teilweise selbst ihre eigene Geschichte nicht mehr kennen. So ist es kaum verwunderlich, dass sich viele Hackergruppen in ihrem eigenen Begriffs-Wirr-Warr rund um den Begriff „Hacker“ verfangen. In der ursprünglichen Szene dagegen versuchen verschiedene scene-related Websites für Aufklärung zu sorgen. Aus dieser Motivation heraus entstanden auch Fangruppen, die ein Stück Geschichte im Internet anbieten: Nostalgische Cracktros (die übrigens einzeln legal zu kopieren sind) auf allen Systemen können bei den Sammlern unter den entsprechenden Websites downgeloadet werden.
Täglich Szene putzen
Als Cracker bezeichnen sich auch gerne diejenigen, die sich im Grunde von der Szene weit entfernt haben. Vor einigen Monaten sorgte die illegale PC-Szenegruppe Loopteam für Schlagzeilen, als ihre weltweit vertriebene CD-Raubkopie-Reihe „Akira“ nach aufwendigen Ermittlungen der Polizei mit der Ausgabe Nummer 6 ihr Ende fand. Während sich in der Szene gleichwertige CDs immer noch mit Namen wie „Twilight“, „Blade“ und „Crazy Bytes“ in Auflagen bis zu 60.000 Stück sorgenfrei in der Szene verbreiten, spricht die Polizei bei diesem geglückten Einzelfall von der größten Aufdeckung überhaupt. Hier wird wieder deutlich, dass gerade in der organisierten Computerkriminalität die Ermittlungsbehörden oftmals im Dunkeln tappen und die Strukturen der Szene nicht durchschaut werden.
Während die aktive Crackerzeit für viele begabte Szenemitglieder ein Sprungbrett in die multimediale Berufswelt war, haben sich auf der anderen Seite einige Computerfreaks dazu entschlossen, ihre Erfahrung aus der Hobby-Crackerszene in die organisierte Kriminalität zu tragen. Diese unangenehme Entwicklung gehört leider auch zu den festgeschriebenen Tatsachen. Cracken für Geld und zwielichtige Geschäfte mit Kriminellen gehören mittlerweile für einige Cracker zum Alltagsleben. Gerade bei solchen Verhältnissen ist die Motivation der nostalgischen Szene umso mehr, die alten Zeiten wiederbeleben zu lassen und daran zu erinnern, dass die ursprüngliche Szene keine kommerziellen Absichten pflegte.
Kommerzialisierung der Szene
Während ein Bildschirmschoner auf Windows ungefähr die gleichen Echtzeit-Effekte wie eine hochwertige Demo auf dem Amiga darstellt, stellt man sich die Frage, inwiefern sich noch Demos als innovative Produktionen behaupten können. Unterschätzt wird jedoch oftmals die Verbindung der Demoszene zu den heutigen Effekten. Die Beobachtung, dass Demoprogrammierer ihre Effekte an Softwarefirmen verkaufen, zeigt deutlich, woher die heutigen Effekte ihre Quellen haben. Doch der Erfahrungsaustausch zwischen hochtalentierten Democodern und Softwareindustrie hat noch lange nicht ausgedient. jährlich finden in Europa Dutzende Szeneparties statt, und in erster Linie sind Demoproduktionen das Highlight dieser Veranstaltungen. Auf der Mekka+Symposium-Party 1999 konnte man gar beobachten, dass japanische „Messenger“ anwesend waren, um die Erfahrungen ihres Besuchs noch vor Ort über Laptop an ihre Multimedia-Firma zu senden. Ob nun diese Art von Kommerzialisierung dem Szenegeist geschadet oder genutzt hat, bleibt weiterhin ungewiss.
Trotzdem bleibt zu sagen, dass sich die Entscheidung des einzelnen „Sceners“, in welche Richtung er sich nun in dieser Komplexität der Szene bewegt, nicht erzwingen lässt. Ein gewisses computeranarchistisches Verhalten bleibt letzten Endes bei vielen hartgesottenen Scenern erhalten. Dieses und vieles mehr liefern die Gründe für jährlich stattfindende Szene-Parties, die Tausende von Besucher und Fans anziehen. Solche Besuche sind wohl auch die besten Voraussetzungen, um etwas näher an das Phänomen „Szene“ heranzutreten und somit einen wahrheitsgemäßen Eindruck von den Strukturen und der Entwicklung heutiger Gruppierungen zu gewinnen.