von Dr. William Sen
Mit dem Ford FanAward startete Ford Deutschland eine der erfolgreichsten Viral-Marketing-Maßnahmen im Social Web in der Automobilbranche.
Das Projekt war jedoch die logische Konsequenz eines Social Listenings, das frühzeitig gestartet worden war. Wie überhaupt ein Projekt wie der Ford FanAward entsteht und wieso Social Media Monitoring der Grundstein für ein erfolgreiches Social Media Marketing sein sollte, zeigt dieses Best-Practice-Beispiel.
Geschichte des Ford FanAwards – der wissenschaftliche Beitrag von Prof. Dr. Fank und Dr. Riecke:
Neue Wege der Öffentlichkeitsarbeit am Beispiel des Ford FanAwards
Blogs stehen erst am Anfang ihres Wegs zum neuen Massenmedium. Soziale Netzwerke wie Facebook sind noch Nischenanwendungen. Der Begriff Web 2.0 wird in diesem Jahr durch Tim O’Reilly erstmals in einer Konferenz in einem neuen Kontext erwähnt. Noch längst haben nicht alle Unternehmen eine eigene Online-Abteilung, der Webauftritt eines Unternehmens wird meist von einer externen Agentur betreut. Unter „Online Marketing“ versteht man zumeist Bannerwerbung. Als eine Art Innovation wird vor allem Search Engine Optimization (SEO) gesehen. Doch die SEO-Agenturen haben es nicht leicht, denn Googles „Florida-Update“ hat es ihnen unmöglich gemacht, künstliche Linkfarmen aufzubauen, um ihre Kunden auf hohe Plätze zu bringen. „Brauchen wir eigentlich Online Marketing?“ und „Was bringt uns das überhaupt?“ fragen sich derweil nicht wenige Unternehmen.
Social Media Reputation Management
„Ungewöhnlich“ findet es währenddessen Prof. Dr. Matthias Fank von der Technischen Hochschule Köln, als er von einem seiner Studenten hört, dass dieser seine Waren ausschließlich online bestellt. Die Produktvergleiche in den Foren und Bewertungsportalen würden es dem Studenten einfacher machen, Waren auf Qualität zu prüfen. Selbst sein Auto habe der Student über das Internet konfiguriert und bestellt. Und das zu einer Zeit, in der die Medien toben: Kreditkartenmissbrauch im Internet, Betrüger bei Online-Auktionen, geklaute Zugänge von Online-Banking-Kunden. Der Ruf des Internets schwankt zwischen Wundermedium und World Wild West. Es ist das Jahr 2004 und das Internet hat noch entscheidende Entwicklungen vor sich.
Online Kommunikation
Durch die rasante Entwicklung des Internets motiviert, beschäftigte sich Prof. Dr. Fank als vermehrt mit Fragen wie „Woher holt sich der Student seine Informationen?“ oder „Welchen Einfluss hat eigentlich User Generated Content?“. Vor allem aber beschäftigt ihn die fundamentale Frage: „Wie wird die Zukunft aussehen, wenn Kunden ihre Kaufentscheidungen hauptsächlich über das Internet treffen?“.
Nur wenige PR-Abteilungen von Unternehmen sahen damals im Internet ein Medium für die Kommunikation mit ihren Kunden. Eine gezielte Online-Kommunikation war ebenso fortschrittlich wie selten. Zu den Vorreitern in diesem Bereich gehörte Ford Deutschland. Hier hatte die PR-Abteilung frühzeitig entdeckt, dass sich Foren im Internet etabliert hatten, die sich mit der Marke Ford beschäftigen. Doch die Reichweite und Wichtigkeit dieser Foren waren noch weitgehend unklar, da Marktdaten hierzu fehlten. So begnügte sich Ford zunächst damit, Automobilclubs mit dem Themenschwerpunkt Ford zu identifizieren und auf der Website von Ford Deutschland aufzulisten. Immerhin gehörte man allein mit dieser Aktion bereits zu den wenigen deutschen Herstellern überhaupt, die eine solche Maßnahme durchführten.
Nicht ganz zufällig rief daher Prof. Dr. Fank bei Fords PR-Leiter Dr. Wolfgang Riecke an, um ihm von seinem Forschungsvorhaben an der Fakultät für Informationswissenschaften der Technischen Hochschule Köln zu erzählen. Dieser Anruf war es, der kurze Zeit später dafür sorgte, dass in der Automobilbranche das erste Social-Media-Monitoring-Projekt an den Start ging. Nun kam auch die Internetagentur infospeed (eingebettet mittlerweile in das amerikanische Marketing-Unternehmen BLUE MEDIA) ins Spiel. Entstanden aus dem Forschungsinstitut e-Management e. V. im Jahre 2001, wurden hier erste professionelle Projekte im Bereich Social Listening realisiert. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch sowohl der Begriff als auch die dahinterstehende Methodik weitgehend unbekannt. Die Maßnahme von Ford Deutschland war daher seiner Zeit voraus und ist vielleicht gerade deswegen eine der beispielhaftesten Social-Listening-Maßnahmen im Bereich Social Web und User Generated Content.
Projektstart
Beim Projektstart kamen verschiedene Interessen zusammen, die sich alle das gemeinsame Lernen zum Ziel setzten.
Die Fakultät für Informationswissenschaften an der Technischen Hochschule Köln wollte in diesem Bereich erstmals verifizierte Forschungsergebnisse darlegen können und Modelle für ein Social Listening entwickeln. Im Vordergrund standen aber auch Fragen nach der Reichweite von Foren sowie die Herausforderung, Informationen so aufzubereiten, dass sie Unternehmen einen Mehrwert bieten konnten. Ford dagegen war auf der Suche nach Innovationen im Internet und hatte großes Interesse daran, neue Möglichkeiten in der Online-Kommunikation zu erforschen.
Identifikation & Social Media Engagement
Das Forschungsteam stellte zunächst einen bedeutenden Schritt allen anderen Prozessen voran: die „Identifikation“ vor einem Social Media Engagement.
Um im Social Web gezielt nach relevanten Beiträgen zu suchen, musste erst einmal ermittelt werden, wo überhaupt gesucht werden soll. Hierzu wurde in mehreren analytischen Untersuchungen festgestellt, dass im Automobilsektor über 900 Foren existierten. Um bei der Fülle der Social-Media-Daten eine Auswertung vornehmen zu können, wurden die Foren zunächst nach Struktur, Inhalt, Aussehen, Thema (z. B. Automodelle) und technische Eigenschaften unterteilt. So konnten die Themenschwerpunkte von Foren in Oldtimer, Old- und Youngtimer, Solo-Modelle etc. unterschieden werden. Das Ergebnis war die Darstellung aller Foren in qualitativen, quantitativen und technischen Typologien. Die nun zugrunde liegende Datenbasis ermöglichte erst eine Auswertung und Identifikation der wichtigsten Foren für ein Social Media Engagement. In den darauf aufbauenden Untersuchungen stellte sich zudem heraus, dass in nur knapp 1% der Top-Foren fast die gesamte Summe aller Automobil-Diskussionen stattfand. Das Forschungsteam stellte im Laufe der Identifikationsphase fest, das die übrigen 99% entweder aus den Top-Quellen zitierten oder ihre Reichweite unbedeutend gering war.
Eine erste Präsentation erfolgte in den Räumen von Ford Deutschland, bei der das Forschungsteam alle Ergebnisse der Identifikationsphase vorstellte. Die Darstellung belegte die hohe Reichweite und somit die große Bedeutung von Internetforen für Ford. Die Ergebnisse waren für Ford eine wichtige Erkenntnis. Die Menge der Foren war bislang in dieser Form in Marktforschungsberichte nicht eingeflossen. Es stellte sich nun die Frage, welche Bedeutung die Marke Ford innerhalb dieser Diskussionen in der Community einnahm.
Social Media Analyse
Ein wichtiger Schritt für das Social Media Monitoring – damals auch weitgehend bekannt unter dem Namen „Webmonitoring“ war sicherlich die Beschränkung der Indexierung auf die Top-Foren.
Dadurch fiel die Masse der zur indexierenden Beiträge jedoch nicht wesentlich geringer aus. Nur 1 Prozent der Automobilforen im Internet hielten zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 10 Millionen Beiträge zum Thema bereit und hatten eine Influence auf das Social Web.
Das Problem der großen Datenmenge konnte durch spezielle technische Konzepte gelöst werden, die gezielte Abfragen ermöglichten. Doch die Datenmengen warfen für das Forschungsteam eine weitere Frage auf: welchen Zweck würde die Verdichtung der gesamten Daten für Ford überhaupt erfüllen?
Es galt somit zunächst zu ermitteln, welche Themen die PR beschäftigten und welche Daten tatsächlich einen Mehrwert bieten konnten. Dieses Vorgehen war durchaus neu, da sich die wenigen bisherigen Beobachtungen von Online Content zumeist am Modell der klassischen Clipping-Dienste orientierten. Durch die Arbeit mit Ford wurde jedoch deutlich, dass eine Erfassung und Verdichtung von User Generated Content nur dann Vorteile für ein Unternehmen bieten kann, wenn von Beginn an vor dem Hintergrund klar definierter Themen und Fragestellungen gesucht und analysiert wird. Aus diesem Grund wurden verschiedene Themenbereiche für Ford aufgestellt. Das Forschungsteam führte zudem eine Themenanalyse für den gesamten Automobilsektor durch, bei der alle relevanten Themen aller Automobilmarken unter Betrachtung der Influence in einem Benchmark verglichen wurden, so dass sich besonders relevante oder kritische Themenbereiche finden ließen.
Social Media Community
Darüber hinaus gelangen dem Forschungsteam weitere interessante Einblicke in das Verhalten der Community. Im Rahmen der Analyse konnte festgestellt werden, welches Gefüge in den einzelnen Foren herrschte.
Es konnte festgestellt werden, wo sich Opinion Leader aufhielten, wie die einzelnen Mitglieder vernetzt waren oder wie das behavioristische Muster der Community insgesamt aussah. Diese Erkenntnisse über die Verhaltensweisen der Community machten vor allem folgendes deutlich: in einem Webmonitoring darf neben der Erfassung von analytischen Daten auch der Faktor Mensch nicht außer Acht gelassen werden. Jede Community einer Branche bildet eine eigenständige Zielgruppe mit einer eigenen Internetkultur. Deren Verhaltensweisen sind zu verstehen und dementsprechend auch in Webmonitoring-Reports festzuhalten.
Somit hatte die Analyse mehrere Ansprüche zu erfüllen. Auf der einen Seite boten die konkreten Charts wichtige marktforschungsspezifische Daten. Andererseits konnte erst durch eine intellektuelle Analyse der Community die Voraussetzung für spätere Handlungsempfehlungen geschaffen werden. Diese Ergebnisse wurden schließlich Ford vorgestellt und dort von der PR in weitere Abteilungen bis hin zum Vorstand getragen. Ford wurde bald klar, dass es sich bei den Online-Foren nicht wie angenommen um die Aktivitäten vereinzelter Tuning-Fans handelte, sondern um eine sehr ernst zu nehmende Community, die ganze Zielgruppen auch außerhalb des Internets beeinflussen konnte.
Daher wurde ein monatliches Monitoring über neue Beiträge gestartet, um regelmäßig eine Übersicht aller neuen Themen zu erhalten. Zudem wurde ein Frühwarnsystem etabliert, um kritische Themen und Trends frühzeitig an Ford berichten zu können.
Social Media Maßnahme
Der entscheidende Anlass, erste Maßnahmen einzuleiten, war schließlich die Reaktion der Rechtsabteilung von Ford Deutschland.
Dank der Ergebnisse des Social Media Monitorings hatte sie in zahlreichen Foren Fälle von Urheberrechtsverletzungen festgestellt, denn viele Forenbetreiber und -nutzer hatten sich beim Einsatz von Bildern und Texten bei von Ford geschützten Daten bedient. Gleichzeitig hatte auch die PR festgestellt, dass in zahlreichen Foren die Marke Ford nicht adäquat dargestellt wurde. So wurden beispielsweise in mehreren Foren alte, verzerrte oder selbsterstellte Ford-Logos eingesetzt oder das Ford-Logo in Verbindung mit anderen Logos und Marken gebracht. Als Problem stellten sich zudem inaktive Foren heraus, die aufgrund ihrer Inaktivität mit unkontrollierten Inhalten gefüllt worden waren. Durch Suchmaschinen konnten diese weiterhin gefunden werden und gaben vor allem Neulingen im Internet ein verfälschtes Bild über die Marke Ford.
Somit stellte Ford nun die Frage nach geeigneten Maßnahmen. Für Prof. Dr. Fank war dabei von Anfang an ein positiver und offener Umgang mit der Community die wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Webmonitoring-Maßnahme. Auch die Rechtsabteilung und die PR von Ford waren sich angesichts der ersten Webmonitoring-Ergebnisse einig, dass repressive Eingriffe in die Community keine geeignete Strategie sein konnten. Vielmehr suchte Ford nach Möglichkeiten, mit der neu entdeckten Community zusammenzuarbeiten und beauftrage das Forschungsteam, Lösungen zu erarbeiten. Das hieraus resultierende Konzept wurde im Jahr 2005 von Ford genehmigt und als „Ford FanAward“ ins Leben gerufen.
Ford FanAward
Das Social Listening hatte Ford auf eine wichtige Tatsache aufmerksam gemacht: Es gab eine beachtenswerte Community im Internet, die sich dem Thema und der Marke Ford widmete. Internetnutzer diskutierten und veröffentlichten Nachrichten und gaben online, aber auch darüber hinaus, ein Bild der Marke Ford wieder.
Nach den ersten Social-Media-Monitoring-Reports bemerkte die PR auch, dass einige der Themen, mit denen Journalisten auf sie zukamen, direkt in Foren recherchiert worden waren. Statt also mit Vorschriften und Abmahnungen gegen Rechtsverletzungen vorzugehen, sah Ford seine Chance darin, die Online-Community für ihre Arbeit zu belohnen.
Der Ford FanAward wurde 2006 gestartet und setzte sich zum Ziel, den Betreibern einer Fan-Website Anerkennung für deren Lohn und Mühe zukommen zu lassen. Die bereits vom Social-Media-Monitoring-Team identifizierten Forenbetreiber wurden angeschrieben und ermutigt, sich mit ihrem Webauftritt bei Ford zu bewerben. Zudem wurde die Aktion nicht nur auf Foren beschränkt, sondern um weitere Quellen wie private Fansites erweitert. Zu diesem Zweck verschickte die Kommunikationsabteilung von Ford lediglich eine Pressemeldung, die jedoch innerhalb weniger Tage in fast allen aktiven Ford-Foren für eine rege und positive Diskussion sorgte. Allein durch Mundpropaganda verbreitete sich die Meldung vom FanAward in kürzester Zeit in der Community. Zuweilen erschien bei Eingabe des Begriffs „Ford“ in Google sogar die Website des Ford FanAwards unter den ersten 3 Treffern. Innerhalb weniger Tage nahmen mehr als 1.000 Teilnehmer teil. Unter den Bewerbungen waren auch Teilnehmer aus der Schweiz, Österreich und Polen. Zahlreiche Medien, darunter die BILD-Zeitung, berichteten über den Wettbewerb.
Image & Reputation
Um den ursprünglichen Community-Gedanken beizubehalten, sah das Konzept des FanAwards vor, die Community selbst abzustimmen zu lassen.
Nicht unwesentlich für den späteren Erfolg des FanAwards war darüber hinaus die Art der Preisvergabe. Die Gewinner erhielten digitale Sieger-Logos in Bronze, Silber und Gold, die sie in ihre Webauftritte einbinden durften. Die drei Hauptgewinner des FanAwards nahmen zudem an der Ford Regionaltour teil und erhielten somit auch die Möglichkeit, ihre Erlebnisse mit der Community zu teilen. Diese Art der Kommunikation führte dazu, dass sowohl während des Wettbewerbs als auch danach ein hohes und durchweg positives Diskussionsvolumen in Bezug auf Ford in den Foren gemessen werden konnte.
Darüber hinaus verbesserte sich auch ohne ein direktes Eingreifen von Ford die Markendarstellung in den Foren. Forenbetreiber erneuerten die verwendeten Logos und Designs, um ihre Gewinnchancen im FanAward zu erhöhen. Auch konnte festgestellt werden, dass viele Nutzer Ford betreffende Themen sorgfältig pflegten und aktualisierten. Einige der Nutzer sahen sich sogar veranlasst, in Eigenverantwortung das Image von Ford in Diskussionen aufzubessern und die Marke zu verteidigen, indem sie auf den FanAward aufmerksam machten.
Die PR-Abteilung von Ford nutzte derweil den Erfolg, um auch andere Abteilungen für das Thema User Generated Content und dessen Einfluss auf Ford zu sensibilisieren. 2008 wurde der Ford FanAward erfolgreich wiederholt und zu einem festen Bestandteil der Online-Kommunikation. Aufgrund des hohen Wachstums der Foren und der großen Awareness des Wettbewerbs nahmen diesmal mehr als 4.000 Teilnehmer, viermal so viel wie beim ersten Award, an dem Wettbewerb teil.
Social Listening heute
Rückblickend auf den Start des Social Media Monitoring bei Ford in 2004, stehen heute weitaus umfangreichere Prozesse und informationstechnische Mittel zum Auffinden und Auswerten von User Generated Content zur Verfügung.
Doch auch wenn die Anforderungen an eine Social Media Analyse in den vergangenen Jahren komplexer geworden sind, haben viele Erkenntnisse aus der Anfangszeit des Social Media Monitoring bis heute ihre Gültigkeit behalten.
Die Identifikationsphase erfordert nach wie vor eine sehr prozessorientierte Vorgehensweise. Wenn User Generated Content in einer Datenbank so abgelegt werden kann, dass es durch gezielte Abfragen relevante Treffer berichtfertig liefern kann, ist zweifelsohne ein wichtiger und investitionsaufwändiger Schritt geleistet. Die Anforderungen an die Technologie sind dabei nicht zu unterschätzen: das Erkennen von Entitäten innerhalb von Foren und Blogs stellt hohe Ansprüche an eine Suchtechnologie. Eine funktionierende Technologie zur Indexierung von Social-Media-Inhalten erfüllt allerdings nur die Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Social Media Monitoring. Ein echtes Webknowledge geht deutlich darüber hinaus. In der Analysephase ist ein tiefgehendes Verständnis für das Social Web und die Community erforderlich. Zudem sollte ein Reporting die Ergebnisse sinnvoll, übersichtlich und zielgruppengerichtet verdichten und aufbereiten.
Social Media Strategie
Die Identifikation und Analyse von Inhalten darf zudem nicht als Schlusspunkt eines Social-Media-Monitoring-Projekts angesehen werden.
Schließlich verfügt das Research-Team zu diesem Zeitpunkt über äußerst fundierte Kenntnisse des Meinungsbilds und der Opinion Leader im Web. Ein professioneller Social-Media-Monitoring-Dienstleister sollte daher aus den Analyse-Ergebnissen proaktiv konkrete Handlungsempfehlungen für den Auftraggeber ableiten können. Aus diesem Grunde ist von Anfang an darauf zu achten, dass derartige Daten bereits während der Analyse-Phase von den zuständigen Researchern in einer speziellen Form festgehalten werden. Nur aus diesen Erkenntnissen können später Aktionen im Social Web erfolgreich realisiert werden. Ein Social Media Monitoring sollte sowohl als Basis für eine Online-Marketing-Maßnahme dienen, als auch zu deren Erfolgsmessung eingesetzt werden. So kann diese Art der Marktforschung in Social Media einem Unternehmen gleich mehrere Vorteile bieten.
Darüber hinaus müssen bei einem Social Media Monitoring die jeweiligen unternehmensinternen Absichten beachtet werden. Mit einem Social-Media-Monitoring-Projekt verfolgen Unternehmen bestimmte Ziele, die in einer höheren Ebene auch an die Strategie des Unternehmens gebunden sein können. Im Fall von Ford war es zum Beispiel auch wichtig, für die Planung der Nachfolgemodelle das Meinungsbild der Community zu erfahren. Daher wurden die Ergebnisse des Social Media Monitoring auch in die Modellentwicklung eingebunden. Bei der zumeist großen Menge an Daten im Social Web geht es folglich weniger um die reine Erfassung aller Daten, sondern um die Darstellung der für die Unternehmensziele relevanten Informationen.
Social Media Ziele
Auch Ford war nicht an allen Daten gleichermaßen interessiert. Einige Themen waren dem Unternehmen bereits bekannt oder waren innerhalb seiner Strategie nur von untergeordneter Relevanz.
Andere aktuelle Themen konnten dagegen schnell an Bedeutung gewinnen. Während der öffentlichen Diskussion um die Feinstaubproblematik wurden zum Beispiel zahlreiche Meinungen durch die ehemalige Monitoring-Agentur infospeed aggregiert und an Ford berichtet, die einen nachhaltigen Einfluss auf die Kommunikation und Technologie-Entwicklung des Unternehmens hatten.
Ein professionelles Social-Media-Monitoring-Unternehmen sollte daher in der Lage sein, ein zielgerichtetes Social Listening in Absprache mit dem Auftraggeber betreiben zu können. Erst wenn alle Kompetenzen zusammenfließen (Identifikation, Analyse, Reporting und Handlungsempfehlungen), können dann auch innovative Aktionen in Social Media erfolgreich umgesetzt werden.
Hat das Social Media Monitoring dagegen lediglich das Ziel, Daten auszuwerten und darzustellen, ist der Unterschied zu klassischen Clipping-Diensten kaum erkennbar. Dann wären wir wieder im Jahr 2004, in dem sich Unternehmen noch mit den Fragen auseinandersetzen, wie groß überhaupt der Einfluss von User Generated Content ist und welchen Nutzen eigentlich Online Marketing eigentlich hat.
Ablauf des Ford FanAwards
Das Social Media Monitoring hatte Ford auf eine wichtige Tatsache aufmerksam gemacht: Es gab eine beachtenswerte Community im Internet, die sich dem Thema und der Marke Ford widmete. Internetnutzer diskutierten und veröffentlichten Nachrichten und gaben online, aber auch darüber hinaus, ein Bild der Marke Ford wieder.
Nach den ersten Social-Media-Monitoring-Reports bemerkte die PR auch, dass einige der Themen, mit denen Journalisten auf sie zukamen, direkt in Foren recherchiert worden waren.
Statt also mit Vorschriften und Abmahnungen gegen Rechtsverletzungen vorzugehen, sah Ford seine Chance darin, die Online-Foren für ihre Arbeit zu belohnen. Der Ford FanAward wurde 2006 gestartet und setzte sich zum Ziel, den Betreibern von Foren Anerkennung und Lohn für ihre Mühe zukommen zu lassen.
Die bereits vom Monitoring-Team identifizierten Forenbetreiber wurden angeschrieben und ermutigt, sich mit ihrem Webauftritt bei Ford zu bewerben. Zudem wurde die Aktion nicht nur auf Foren beschränkt, sondern um weitere Quellen wie private Fan-Websites erweitert. Zu diesem Zweck verschickte die Kommunikationsabteilung von Ford lediglich eine Pressemeldung, die jedoch innerhalb weniger Tage in fast allen Ford-Foren für eine rege und positive Diskussion sorgte. Allein durch Mundpropaganda verbreitete sich die Meldung vom FanAward in kürzester Zeit in der Community.
Zuweilen erschien bei Eingabe des Begriffs „Ford“ in Google sogar die Website des Ford FanAwards unter den ersten 3 Treffern und hatte somit einen positiven und unerwarteten SEO-Effekt. Innerhalb weniger Tage stieg die Teilnehmerzahl auf über 1.000 an. Unter den Bewerbungen waren auch Teilnehmer aus der Schweiz, Österreich und Polen. Zahlreiche Medien, darunter die BILD-Zeitung, berichteten über den Wettbewerb. Um den ursprünglichen Community-Gedanken beizubehalten, sah das Konzept des FanAwards vor, die Community selbst abzustimmen zu lassen. Nicht unwesentlich für den späteren Erfolg des FanAwards war darüber hinaus die Art der Preisvergabe.
Die Gewinner erhielten digitale Sieger-Logos in Bronze, Silber und Gold, die sie in ihre Webauftritte einbinden durften. Die drei Hauptgewinner des FanAwards nahmen zudem an der Ford Regionaltour teil und erhielten somit auch die Möglichkeit, ihre Erlebnisse mit der Community zu teilen. Diese Art der Kommunikation führte dazu, dass sowohl während des Wettbewerbs als auch danach ein hohes und durchweg positives Diskussionsvolumen in Bezug auf Ford in den Foren gemessen werden konnte.
Darüber hinaus verbesserte sich auch ohne ein direktes Eingreifen von Ford die Markendarstellung in den Foren. Forenbetreiber erneuerten die verwendeten Logos und Designs, um ihre Gewinnchancen im FanAward zu erhöhen. Auch konnte festgestellt werden, dass viele Nutzer Ford betreffende Themen sorgfältig pflegten und aktualisierten.
Einige der Nutzer sahen sich sogar veranlasst, in Eigenverantwortung das Image von Ford in Diskussionen aufzubessern und die Marke zu verteidigen, indem sie auf den FanAward aufmerksam machten. Die PR-Abteilung von Ford nutzte derweil den Erfolg, um auch andere Abteilungen für das Thema User Generated Content und dessen Einfluss auf Ford zu sensibilisieren.
In den Jahren ab 2004 wurde der Ford FanAward bis 2017 erfolgreich wiederholt und zu einem festen Bestandteil der Online-Kommunikation. Aufgrund des hohen Wachstums der Foren und der großen Awareness nahmen diesmal mehr als 4.000 Teilnehmer, viermal so viel wie beim ersten Award, an dem Wettbewerb teil.
2017 startete der Ford FanAward zum 9. Mal in Folge.
Ford FanAward Fakten auf einem Blick
Um die Fans in die Kundenpflege von Ford einbinden zu können, wurde gemeinsam mit dem Team der Ford FanAward mit der Auszeichnung der besten Website ins Leben gerufen. Hierfür können sich alle Fans, die eine nicht-kommerzielle Fanpage betreiben, auf einer eigenen Award-Website anmelden. Eine Fachjury trifft dann eine Vorauswahl von Websites, aus denen die Internet-Nutzer per Online-Abstimmung ihren Favoriten auswählen. Preise gibt es sowohl für die Gewinner des Awards als auch per Verlosung für die abstimmenden Internet-Nutzer.
Über die Website ford.de, das Herausgeben einer entsprechenden Pressemitteilung, die Ansprache bekannter Ford-Clubs aus der Ford-Datenbank, sowie natürlich über Social-Media-Kanäle wird auf den Award aufmerksam gemacht.
Der FanAward stellt für Ford eine hervorragende Möglichkeit dar, mit Fans und Kunden in Dialog zu treten und Wertschätzung zu vermitteln. Während des gesamten Verlaufs konnte bislang eine rege Berichterstattung über den FanAward verzeichnet werden. Online waren Berichte über den FanAward auf zahlreichen Portalen, Foren und Weblogs zu finden und auch im Print-Bereich konnten Platzierungen erreicht werden. Auf das Schalten von Online- bzw. Print-Anzeigen wird dabei bewusst verzichtet. So kann der Ford FanAward mit einfachen Mitteln und einem kleinen Budget eine große und zugleich positive Wirkung erzeugen.
Laufzeit der Kampagne: 3 Monate
Format: Website
Teilnehmer: Über 10.000
Berichterstattung: Print und Online
Anzeigekosten: 0,00 Euro
Auszug aus dem fordreport von Ford Deutschland
So hatte Ford Deutschland über den Ford FanAward in ihrer internen Zeitschrift fordreport berichtet:
„Bei der 4. Auflage des Wettbewerbs um die gelungensten Internet-Auftritt gab es mit 132 Bewerbern und über 4.300 Abstimmungen so viel Beteiligung wie nie. Eine Fachjury hatte die besten Fanseiten gekürt, und im Kölner Werk wurden die Gewinner geehrt. Ralph Caba, Direktor Öffentlichkeitsarbeit, dankte für das Engagement der Clubs, die als Markenbotschafter einen wichtigen Beitrag zur Unternehmensstrategie leisten. Zuvor hatten die Gäste an einer Werkführung teilgenommen und das neueste Produkt aus der Palette, den Ford Fiesta, während der Entstehung und auch fertig gestellt begutachtet: Gute Noten erhielt die neu gestaltete Front-Partie von den Club-Angehörigen, die meist eine Schwäche für schönes Autodesign haben. Wie in der Vergangenheit gab es Preise in drei Kategorien: Zum vierten Mal gewannen die Alt Ford Freunde den Wettbewerb „Yountimer/Oldtimer“. Dies führen die Verantwortlichen vor allem auf ihr Weiterbildungsangebot zurück: Wir haben mit allen Mitgliedern des Vorstands, mit Regionalleitern und Typenreferenten Workshops zur Bearbeitung unserer Internet-Seiten durchgeführt“, so Dr. Walter Klein AFF-Vorsitzender.
In der Wertung der Clubs fuhr der Ford Mustang Club of Germany in die „Pole-Position“: Die Seite wurde komplett neu aufgebaut, mit schöner Grafik und attraktiven Fotos. Zur Preisverleihung brachte der President, Ralf Wurm, für alle Gäste einen Mustang-Kalender mit.
Bei den „Communities“ setzte sich das Ford-Board such. Der Frontmann, Guido Hermann, setzt auf einen Stamm treuer Mitglieder, die vor allem die Vielfalt der Seite schätzen, auf der sämtliche Ford-Modelle zu sehen sind. Neu beim Ford FanAward war die Ausschreibung zum Markenbotschafter. Die Gewinner, Andrea Schmidt, Christian Winkler und Stefan Klausmeyer werden Ford in den nächsten zwei Jahren eng begleiten und Einblicke in Unternehmen und Produkte erhalten. In der zweiten Sonderkategorie „Social Media“ setzte sich Anna Bundy durch.
Besondere Erwähnung fand die Seite www.fordpins.jmdo.de. Dort haben Markus Sieweke und Susanne Heizel detailliert die Geschichte der Ford-Anstecknadeln dokumentiert.
Eine Fahrt im neuen Ford Focus Electric mit Entwicklungsingenieur Armin Klinger rundete das Programm ab.“
Für die Erlaubnis zur Offenlegung dieses Best Practice bedankt sich der Autor bei Dr. Wolfgang Riecke (Ford Werke GmbH) und Prof. Dr. Matthias Fank (Technische Hochschule Köln).