Über viele Jahre hinweg ist eine internationale Netzgemeinde im Web entstanden, die ihre Erkenntnisse und Neuigkeiten nicht mehr in Schubladen hortet. Das digitale Miteinander hat sich in den Köpfen der Menschen derart verankert, dass das Teilen von Informationen heute zu den fundamentalen Merkmalen der Internetkultur gehört. Portale wie Facebook, Blogs, Twitter und Wikipedia sind digitale Neugeburten, die diese Ideologien nicht geschaffen haben, aber fördern.
Diese neue Kultur bringt aber ebenfalls Risiken mit sich. Nämlich dann, wenn Mitarbeiter von größeren Unternehmen ihrer uneingeschränkten Kommunikationslust auf Kosten des Unternehmens freien Lauf lassen. Dabei seien den Mitarbeitern noch nicht einmal böse Absichten unterstellt. Bei einer großen Menge an Mitarbeitern und den Publikationsmöglichkeiten ist es im Grunde nur eine Frage der Zeit, bis hin und wieder vertrauliche Informationen nach außen gelangen. Eine Social Media Guideline soll helfen, die Mitarbeiter für das Thema zu sensibilisieren.
Verbot oder Richtlinie?
Dabei scheint die Sache zunächst klar auf der Hand zu liegen: Mit dem Arbeitsvertrag wird meist eine Verschwiegenheitserklärung vom Arbeitnehmer unterschrieben.
Das Unternehmen kann also demnach erwarten, dass seine Mitarbeiter keine vertraulichen Daten nach außen tragen und öffentlich preisgeben. Aber es fängt bereits bei Portalen wie LinkedIn, Facebook oder XING an. Sobald Profile mit genauen Angaben zu den Arbeitsleistungen und -bereichen von Einzelnen veröffentlicht und der Welt zugänglich gemacht werden, ist der erste Schritt in die Grauzone getan. Wenn dann auch noch Groups gebildet, Blogs eingerichtet oder öffentliche Foren genutzt werden, in denen über interne Angelegenheiten des Unternehmens diskutiert wird, kann es bereits zu spät sein. Arbeitsvertrag und rechtliche Konsequenzen hin oder her, das alles hilft nicht, wenn wir uns inmitten einer Gesellschaft befinden, in der das Teilen von Wissen als Selbstverständlichkeit angesehen wird.
Helfen eigene Social-Media-Kanäle?
Wenn Unternehmen eigene Kanäle als Ausgleich schaffen, scheint das ein fortschrittlicher Gedanke sowie eine naheliegende Antwort auf das Problem zu sein.
Immerhin haben viele Unternehmen in den letzten Jahren bereits erfolgreich interne Foren etabliert, wenn auch mit sehr hohen Kosten. Sei es ein Knowledge Management für das Entwicklerteam, eine Who-is-Who-Liste oder ein Diskussionsforum für Mitarbeiter. Doch diese internen Kanäle scheinen Mitarbeiter nicht davon abzuhalten, auch die öffentlichen Kanäle im Web weiterhin zu nutzen, und dies sogar mit viel größerer Intensität.
Das Unternehmen hat hier eine schwierige Aufgabe zu bewältigen. Als innovatives und fortschrittliches Unternehmen kann es sich keine Richtlinie leisten, die es vorsieht, den Einsatz im Social Web zu verbieten. Ein solches Verbot würde nicht nur das eigene Image des Unternehmens in ein schlechtes Licht rücken, sondern die Mitarbeiter dazu verleiten, sich mit diesen neuen Technologien nicht mehr auseinanderzusetzen. Wie innovativ kann jedoch ein Unternehmen sein, wenn es versucht die Mitarbeiter von neuartigen Innovationen, wie Social Networks, fernzuhalten?
Warum eine Social-Media-Guideline?
Eine Social Media Guideline hat zum Ziel, den Mitarbeitern den richtigen Umgang mit Social Media aufzuzeigen.
Statt mit der Hammermethode versuchen Unternehmen mit Hilfe der Guideline, die Mitarbeiter für das Thema zu sensibilisieren. Hierbei gibt es zahlreiche Gründe für die Bereitstellung. Wir haben die größten Social Media Guidelines von Unternehmen, wie beispielsweise IBM, Coca Cola und Wallstreet Journal untersucht, und die wichtigsten Punkte zusammengestellt:
Ehrlichkeit im Social Web
Psychologen und Lügenforscher behaupten, dass wir 200 Mal am Tag lügen. Bei einer Face-2-Face Kommunikation sind Lügen schnell ausgesprochen, meist ohne dass großartig Kenntnis davon genommen wird.
In Social Media haben Lügen jedoch kurze Beine. Der Grund dafür ist, dass Nachrichten im Social Web teilweise für immer konserviert werden. Da die meisten Foren ihre alten Nachrichten nicht löschen, bleiben diese zunächst für eine lange Zeit erhalten. Genug Zeit also für die Community, sich selbst nach Jahren wiederholt auf eine Falschaussage berufen zu können. Einige Foren sind darüber hinaus so eingestellt, dass Beiträge, auf die es bereits Antworten gibt, nicht mehr editiert und verändert werden können. Selbst wenn man die Mitgliedschaft in einem Forum kündigt, bleibt der Beitrag in den meisten Fällen noch bestehen. Daher empfehlen die meisten Guidelines, dass sich Nutzer auf die Tatsachen konzentrieren und nicht versuchen sollten, Dinge zu verdrehen und auf diese Weise selbst für Missverständnisse in ihren Postings zu sorgen.
Offenheit in Social Media
„Anonyme Beiträge sind schlecht, Beiträge unter eigenem Namen sind gut“.
Hinter diesem Satz verbirgt sich eine wichtige Philosophie, die sich vor allem auch unter Bloggern durchgesetzt hat. Grundsätzlich tendieren diese dazu, keine Pseudonyme zu benutzen, sondern sich mit echten Namen im Netz auszugeben. Dieses verleiht dem Posting und dem Autor eine gewisse Authentizität und Seriosität. Im Großen und Ganzen gibt es auch für Mitarbeiter keinen besonderen Grund, sich im Netz anonym an Diskussionen zu beteiligen. Dieser Grundsatz hat einen positiven Nebeneffekt: Er bringt Mitarbeiter dazu, sich genau zu überlegen, was man schreibt und in die Öffentlichkeit trägt.
Social-Media-Reichweiten
Viele Mitarbeiter sind sich des Ausmaßes ihrer Kommentare oft nicht bewusst.
Ein Posting in einem Forum kann aber unter anderem Journalisten und andere Parteien verstärkt auf bestimmte Themen aufmerksam machen, die nur das Unternehmen etwas angehen. Ein Bewusstsein der Mitarbeiter diesbezüglich kann geschaffen werden, indem die Konsequenzen einer Beteiligung vor Augen geführt werden. Auf diese Weise hat jeder Mitarbeiter die Chance, zu erfahren, dass seine Veröffentlichungen immer eine hohe Reichweite und Bedeutung im Web haben können.
Eigene Meinung klarstellen
Wenn Mitarbeiter über interne Angelegenheiten des Unternehmens sprechen, sollten diese deutlich hervorheben, dass es sich um eine persönliche Meinung handelt und nicht die des gesamten Unternehmens widerspiegelt.
Es ist wichtig zu verstehen, dass respektlose oder gar diffamierende Beiträge direkt auch auf das Unternehmen zurückgeführt werden. Trägt der Mitarbeiter wiederum öffentlich die Verantwortung für seine publizierte Meinung, schützt es ihn selbst vor möglichen Anschuldigungen, er hätte unbefugt Informationen und Dinge nach außen getragen. Wenn der Mitarbeiter in seinen Ausführungen also eine persönliche Note und Meinung klar herausstellt, wird er im Social Web nicht mehr ausschließlich als Repräsentant des Unternehmens wahrgenommen. Auf diese Weise verbietet man dem Mitarbeiter nicht mehr die Aktivität im Social Web.
Copyright in Social Media
Nicht unerheblich ist der Einsatz von urheberrechtlich geschützten Materialien. Vor allem aus der Entwicklungsabteilung eines Unternehmens können Prototypen aller Art veröffentlicht werden, um beispielsweise die Meinung der Community zu erfahren.
In einem konkreten Fall veröffentlichte die Werbeabteilung eines größeren Software-Unternehmens ein Bild in einem Forum, das nicht lizenziert war. Der Designer wollte auf diese Weise lediglich auf ein Photoshop-Problem aufmerksam machen und fragte die Community um Rat. Statt der erwarteten Hilfe entstand allerdings eine Diskussion darüber, dass die Software-Firma schwarzkopiere, während sie doch selbst aktiv gegen Schädiger vorgehen würden. Es dauerte nur einige Minuten, bis sich auch weitere Blogs und Foren dem Thema angenommen hatten, um diese Nachricht aller Welt zu verkünden.
In dem Augenblick, in dem offizielle Mitarbeiter eines Unternehmens nach außen hin kommunizieren, schaut die Community besonders genau hin. Dabei spielt auch immer eine Rolle, um welches Unternehmen es sich handelt. Dem Mitarbeiter muss klar sein, dass seine Aktionen auch als die Aktionen des Unternehmens wahrgenommen und bewertet werden können. Darunter zählt auch der Einsatz von urheberrechtlich geschützten Bildern, Videos und Textzitaten.
Aktiv korrigieren
Die United States Air Force fordert ihre Soldaten und Mitarbeiter sogar regelrecht dazu auf, sich aktiv in der Community zu beteiligen, wenn unwahre Tatsachen oder missverständliche Beiträge über die Organisation veröffentlicht werden.
Dabei zeigt die Organisation in einem Schaubild auf, wann beobachtet und wann geantwortet werden soll. Die Idee, die dahinter steckt, ist nicht ganz abwegig: Schließlich handelt es sich vor allem bei militärischen Einrichtungen um Organisationen, zu denen Mitarbeiter in der Regel einen besonders loyalen Bezug haben. Immerhin sind Air Force-Piloten sogar dazu bereit, ihr Leben für den Zweck der Organisation zu opfern. Somit versteht es sich von selbst, dass Mitarbeiter, auch ohne eine Aufforderung oder Richtlinie, auf Blogbeiträge reagieren sollen, die sich in irgendeiner Form an ihre Organisation richten. Desweiteren sind Rekrutierung und die damit verbundene Werbung für das Berufsfeld einer der wichtigsten Kanäle für die U.S. Air Force. Damit auch diese Kommunikation gerichtet und gesteuert verläuft, ist die Social-Media-Richtlinie ein wichtiges Mittel, um diese Aktivität in die Corporate Communication einzubeziehen.