Der Anspruch der Unternehmen an die Analyse der Aktivitäten in Social Media steigt. Das Thema ist mittlerweile selbst in den höheren Etagen der Unternehmen angekommen. Vor allem in großen Unternehmen bilden sich zunehmend verschiedene kleine Kompetenzeinheiten, die sich dem Thema widmen.
Oft sitzen auch IT’ler an Bord, um das Team bei den technischen Anforderungen zu beraten. Freie Tools aus dem Web zur Messung von Social-Media-Aktivitäten kommen dabei immer seltener zum Einsatz. Stattdessen gewinnen für viele Unternehmen die professionellen Lösungen an Interesse.
Die Zeiten, in denen Unternehmen noch zu freien Lösungen aus dem Web greifen mussten, sind rückläufig. Waren vor einigen Jahren noch viele Produktverantwortliche gezwungen, sich aufgrund fehlenden Budgets mit einfachen und kostengünstigen Lösungen mehr oder weniger freiwillig zufriedenzugeben, werden heute für die Social-Media-Analyse zunehmend höhere Budgets freigegeben.
Diese Tendenz bestätigt sich nun in zahlreichen Studien. Die Untersuchung von Kissmetrics zeigte, dass 54,7 Prozent der Unternehmen im Jahr 2012 weniger als 100 US-Dollar für ihr Social-Media-Analyse-Tool ausgaben, während nur 19 Prozent bis zu 5.000 US-Dollar und 4,4 Prozent bis zu 10.000 US-Dollar monatlich dafür bereithielten. Die Studie bewies ferner, dass eben diejenigen Unternehmen, die das Budget für professionelle Monitoring-Dienstleister nicht hatten, gleichzeitig auch am wenigsten mit ihren Lösungen zufrieden waren. Die Anwenderstudie „Social Media Monitoring“ sowie weitere Untersuchungen kommen ebenfalls zu diesem Ergebnis (themenportal, 2013). Eine Erkenntnis, der schließlich auch ein Sprichwort vorausgeht: „Was nichts kostet …“
Diese Entwicklung ist nachzuvollziehen und bestätigt die allgemein bekannten betriebswirtschaftlichen Erkenntnisse. Jedes Unternehmen hat ganz eigene Strategien, was dazu führt, dass individuelle und customized Lösungen notwendig werden. Das heißt, dass sogenannte Default-Tools mit unflexiblen Datensätzen und Dashboards den Ansprüchen des Unternehmens nicht genügen können. Hinzu kommt, dass Unternehmen nur mit Analysen etwas anfangen können, die sie auch steuern können. Um eine Steuerbarkeit von Statistiken hervorzurufen, müssen allerdings zwei Punkte erfüllt sein: Zum einen muss für den Verantwortlichen die Berechnung der Ergebnisse transparent und verständlich sein. Zum anderen muss die Analyse die Fragestellung des Verantwortlichen beantworten können. Folglich werden nicht Analysen und Statistiken benötigt, die möglichst viele bunte Auswertungen in einer dekorativen Grafiklandschaft präsentieren. Im Vordergrund stehen vielmehr Analyse-Tools, die für den Verantwortlichen für sein Geschäft relevant sind und gezielte Antworten auf betriebswirtschaftliche Fragen geben nach dem Motto „Relevanz statt Masse“.
Das bedeutet allerdings auch, dass solche Tools wie Facebook Insights im Grunde wegen ihrer vorgegebenen Struktur oft keine individuellen Analysen darstellen und somit in den meisten Fällen für viele Produktverantwortliche eher unbrauchbar sind. Hinzu kommt, dass die bislang gewohnten Statistiken wie Page Impressions, Visits, Hits, durchschnittliche Verweildauer und Conversion Rates für Messungen und Analysen in Social Media immer mehr an Bedeutung verlieren. Diese klassischen Kennzahlen des Web 1.0 sind eigentlich nicht in der Lage, Messgrößen wie Interaktivität, Buzz, Interestingness, Impact, Streuung bzw. Viralität und Tonalität von Beträgen im Social Web darzustellen. Je nach Fragestellung des Produktverantwortlichen können zudem noch eine Vielzahl von weiteren Messwerten hinzukommen.
Unternehmen haben mittlerweile die Wichtigkeit des Themas erkannt. Während früher die Angelegenheit für viele Entscheider noch nicht fassbar und somit nicht wichtig genug war, hat spätestens mit der Bekanntheit von Social Networks das Thema Einzug bis in die Chefetagen erhalten.
Zudem belegen Studien, dass die Kennzahlen aus Social Media für Unternehmen sehr wichtige Werte liefern. So hat beispielsweise Prof. Dr. Koen eine Studie mit 36 internationalen Brands durchgeführt, in der er die Bedeutung von Social-Media-Kennzah-len und Social-Media-KPIs für Unternehmen untersuchte. Das Ergebnis macht deutlich, dass derartige Kennzahlen wichtige Analysen für das Marketing ROI liefern und sogar mit klassischen Absatzzahlen korrelieren (News with Tags, 2013). Die aktuelle Delphi-Studie zeigt, dass mittlerweile das Top-Management bei 69 Prozent der untersuchten großen Unternehmen Social-Media-Technologien befürwortet. 41 Prozent dieser Unternehmen hat zu diesem Zweck personelle Ressourcen zur Verfügung gestellt, während gleichzeitig auch ein deutlicher Anstieg der Budgets festzustellen ist (vgl. Fink et al., 2012).
In Unternehmen bilden sich neue Kompetenzeinheiten, die für die Lieferung solcher Kennzahlen sorgen sollen. Die Ansprüche an diese Einheiten erweisen sich jedoch als sehr hoch, da bei der Auswahl einer richtigen Lösung verschiedene Punkte aus unternehmerischer Sicht zu betrachten sind. Beispielsweise muss die Lösung nachhaltig sein. Für Unternehmen bedeutet das, dass sich die gelieferten Kennzahlen und Analysen an die Gegebenheiten im Social Web anpassen müssen. Ferner müssen solche Lösungen auch weiterhin im Einflussbereich des Unternehmens stehen können, dementsprechend müssen die Technologie und die Entwicklung flexibel genug sein.
Zu diesen inhaltlichen Anforderungen kommen technische hinzu. Das Unternehmen möchte zum Beispiel in der Lage sein, die vom Social Web gewonnen Kennzahlen auch in ihr eigenes kennzahlenbasiertes System zu integrieren. Das heißt im Grunde, dass das Unternehmen die Zahlen aus dem Social Web mit seinen eigenen Zahlen in Zusammenhang bringen möchte. Zukünftig kann das bedeuten, dass man die Social-Media-Analysen mit den Zahlen vom Finanzcontrolling korreliert und neue KPIs errechnet. Die Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Social-Media-Analysen in einer Datenbank liegen, aus der man ohne weiteres die Daten exportieren und in sein eigenes System integrieren kann. Hierzu kommt ein anderer sehr wichtiger Punkt: Die Daten in der Social-Media-Datenbank müssen harmonisiert sein. Das heißt, dass die Social-Media-Analyse-Daten im Data Warehouse geordnet und strukturiert vorliegen müssen. Nur so ist es möglich, sie auch in das eigene Data Warehouse zu integrieren. Datenqualität spielt also eine große Rolle.
Zusammenfassend lässt sich daraus folgende Erkenntnis gewinnen: Das Thema Social-Media-Analyse verlangt mittlerweile ein technisches Verständnis. Eine rein inhaltliche Betrachtung reicht nicht mehr aus. Daher werden bereits jetzt in einigen Unternehmen IT’ler ein wichtiger Teil von solchen Kompetenzeinheiten für Social-Media-Kennzahlen.
Kostengünstige und starre Tools, die meist im Web zur Verfügung stehen und für bunte und verspielte Statistiken sorgten, bleiben zukünftig allerhöchstens für kleine und mittelständische Unternehmen mit einem Anspruch auf Experimentierbasis interessant. Das Management großer Unternehmen wird sich stattdessen zukünftig vermehrt Kennzahlen und Analysen wünschen, die auf seine Bedürfnisse zugeschnitten werden können. Anbieter solcher Kennzahlensysteme, beispielsweise Social-Media-Monitoring-Anbieter, sind also gezwungen, ihren Kunden Dashboards zu liefern, die entsprechend den Bedürfnissen anpassbar sind. Zudem müssen sie eine exportfähige sowie qualitative Datenbasis bereithalten.
Quellen
- Fink, S., Zerfaß, A., Linke, A. (2012): Social Media Delphi 2012, Universität Leipzig/Fink & Fuchs Public Relations AG, 08.2012, bit.ly/12jwoeh (aufgerufen am 23.06.2013).
- Kissmetrics (2012): Social Media Monitoring Tools. bit.ly/19twAhB
- News with Tags (2013): Studie belegt die statistische Korrektheit von Social Media Monitoring-Aussagen, 19.06.2013, bit.ly/10KS3Co.
- themenportal (2013): Social Media-Monitoring im Fokus – Studie zeigte: Unternehmen sind mit Monitoring-Dienstleistern zufrieden. themenportal, 18.04.2013, bit.ly/11jxny3