von Bianka Boock
Cloud Computing trägt auch in diesem Jahr in hohem Maß zur Branchenentwicklung bei. Das haben die Marktforscher und Berater von IDC vorausgesagt1. Forrester prognostizierte2, dass der Cloud-Einsatz den Boden der Tatsachen erreicht. Und: Der Hightech-Verband BITKOM identifizierte zusammen mit dem Marktforschungsunternehmen Gartner Cloud Computing als einen „Megatrend“. Es steht außer Frage: Es wird wolkig in diesem Jahr.
Eine Sensation ist dies allerdings nicht. Denn Cloud Computing ist alles andere als ein neues Thema. Das bemerkte Larry Ellison, Chief Executive des Cloud-Technologie-Anbieters Oracle, bereits 20083, als er Cloud Computing als kompletten Unsinn bezeichnete und wissen wollte, wann dieser Schwachsinn aufhört. „What the hell is cloud computing?“, fragte er. Heute steht diese Frage noch immer im Raum: Was zum Teufel ist das? Oder: Wo ist es so lange Zeit geblieben?
Laut Wikipedia umschreibt Cloud Computing den Ansatz, abstrahierte IT-Infrastrukturen (z. B. Rechenkapazität, Datenspeicher, Netzwerkkapazitäten oder Software) dynamisch an den Bedarf angepasst über ein Netzwerk zur Verfügung zu stellen. Dabei wird auf Nutzerseite ein Teil der IT nicht selbst betrieben oder örtlich bereitgestellt, sondern als Dienst gemietet, der meist geografisch fern angesiedelt ist. Die Anwendungen und Daten befinden in der metaphorischen Wolke4. Darüber hinaus ist Cloud Computing vieles mehr.
Die Idee gibt es schon lange
Die Geschichte der Clouds ist eng mit der Entwicklung des Internets und der Wirtschaftstechnologie verknüpft. In den 60er Jahren stellte John McCarthy die Idee von Computer-Services vor, die als öffentlicher Dienst bereitgestellt werden. J.C.R. Licklider hatte die Vision eines „intergalaktischen Computernetzes“. Nur: Damals gab es noch keine Distributionsmöglichkeit für IT-Services, wie der amerikanische IT-Autor Nicholas Carr bei der Google Atmosphere Session 20095 bemerkte. Eine der besten Erklärungen, was beim Cloud Computing vorgehe, stamme von Google CEO Eric Schmidt. Dieser schrieb 1993: „Wenn das Netzwerk so schnell wie der Prozessor wird, wird der Computer ausgehöhlt und über das Netzwerk verteilt.“ Genau dies ist nach Nicholas Carrs Ansicht Cloud Computing.
Der Boden dafür wurde Ende der 90er Jahre und zu Beginn des Jahrtausends bereitet, heißt es auch auf der Website von Salesforce6, einem Vorreiter auf der Wolke. Mit den entstehenden Breitbandverbindungen wurde es möglich, die IT-Services von einem zentralen System aus zu beziehen. Die Voraussetzungen für die weitere Entwicklung von Unternehmen entstanden. Salesforce beispielsweise musste eine eigene hochskalierbare und hoch verfügbare IT-Infrastruktur aufbauen, um den Kunden die angebotenen Services jederzeit zuverlässig bereitzustellen. So richtete das 1999 gegründete Unternehmen sein Kerngeschäft von Anfang an darauf aus, Unternehmensanwendungen auf Basis von Software as a Service (SaaS) anzubieten7. Amazon, Google und Yahoo standen ebenfalls vor dem Problem, ständig wachsende Systeme bereitzuhalten, die auch zu Spitzenzeiten über genügend Performance verfügten. Durch ihr Wachstum verbreitete sich der Begriff Mitte der 2000er Jahre.
Kontroverse Auffassungen
Am Anfang war Amazon noch kein ernst zu nehmender Gegner. Und als Google die Möglichkeit schuf, Dokumente im Internet zu bearbeiten, „war dies eher Spielerei. Nicht im Entferntesten hätten sich Microsoft-Manager damals vorstellen können, dass dies der Beginn einer Revolution war: weg von klassischer Software hin zum so genannten Cloud Computing.“8 Damit waren sie in prominenter Gesellschaft, wie die Aussage von Lerry Ellison zeigt.
Dabei gab es bereits damals Stimmen, die verdeutlichten, dass Cloud Computing den Anbruch einer neuen Ära markiert. 2008 verkündete Nicholas Carr – in Fortsetzung seiner bisherigen Werke – den großen Wandel. In seinem Buch „The Big Switch“ beleuchtete er die ökonomischen und sozialen Folgen des Anstiegs des Cloud Computing. Er vergleicht sie mit den Folgen des Aufstiegs der Stromversorgungsunternehmen Anfang des 20. Jahrhunderts. Seine Einschätzung stieß auch auf Zustimmung.
Im August 2009 schrieb Andrew McAffee, auf den der Begriff „Enterprise 2.0“ zurückgeht: „Ich glaube, dass in Gange ist, was Nicholas Carr den großen Wandel nennt. Business Computing verschiebt sich so sicher in die Cloud, wie es vor mehr als 100 Jahren Fabriken zur Elektrifizierung zog. Wir befinden uns in den frühen Stadien dieses Prozesses und es wird lange dauern, sich zu entfalten, aber es wird geschehen. Unternehmer, die diesen Übergang ignorieren oder sich dafür entschieden, sich daran nicht zu beteiligen, werden sich irgendwann dazu gezwungen sehen und zurückgelassen sein, in gleichem Maße wie die Fabrikbesitzer, die die Elektrifizierung ausgesessen haben.“9
Ihnen war klar: Beim Cloud Computing geht es nicht nur um das Einsparen von Kosten oder Effizienzsteigerung. Es ermöglicht neue Vorgehensweisen. So erklärte Nicholas Carr auf der Google Atmosphere Session 2009 auch, dass es sich beim Cloud Computing um eine disruptive Technologie handelt. Eine solche hat eine steilere Entwicklungskurve als die bisherige Technologie und verdrängt diese. Auf Verbraucherseite sei die Revolution bereits geschehen. Das Business erlebe nun den Wandel, den die Verbraucher schon erlebt haben. Die Frage sei: Wolle man derjenige sein, der ablöst, oder derjenige, der abgelöst werde.5
Eine Definition wird veröffentlicht
Im selben Jahr veröffentlichte die amerikanische Bundesbehörde NIST (National Institute for Standards and Technology) eine Definition4. Dieser zufolge ist Cloud Computing ein Modell, das es erlaubt, bei Bedarf, jederzeit und überall bequem über ein Netz auf einen geteilten Pool von konfigurierbaren Rechnerressourcen (z. B. Netze, Server, Speichersysteme, Anwendungen und Dienste) zuzugreifen, die schnell und mit minimalem Managementaufwand oder geringer Service-Provider-Interaktion zur Verfügung gestellt werden können. Die Provisionierung der Ressourcen (z. B. Rechenleistung, Storage) läuft automatisch ohne Interaktion mit dem Service Provider ab. Die Services sind mit Standard-Mechanismen über das Netz verfügbar. Die Ressourcen des Anbieters liegen in einem Pool vor, aus dem sich viele Anwender bedienen können. Dabei wissen sie nicht, wo die Ressourcen sich befinden. Die Services können schnell und elastisch zur Verfügung gestellt werden, in manchen Fällen auch automatisch. Dazu kann die Ressourcennutzung gemessen und überwacht werden und entsprechend bemessen auch den Cloud-Anwendern zur Verfügung gestellt werden. Cloud-Computing enthält die drei Servicemodelle Software as a Service (SaaS), Platform as a Service (PaaS) sowie Infrastructure as a Service (IaaS) und die vier Liefermodelle Private Cloud, Community Cloud, Public Cloud und Hybrid Cloud10.
IaaS bedeutet, dass der Anbieter IT-Infrastruktur wie Server oder Netzwerk in abstrahierter und skalierbarer Form zur Verfügung stellt. Beispiele sind Amazon mit EC2 (Rechen-leistung) und S3 (Speicher). Aber auch Dropbox und SugarSync zum Speichern von Dokumenten zählen zu den Iaas-Vertretern. Darüber hinaus bedienen IBM, EMC und T-Systems dieses Servicemodell.
PaaS ist ein Service, bei dem Entwicklern von Webanwendungen eine Computer-Plattform bereitgestellt wird. PaaS-Angebote bauen auf einer skalierbaren Infrastruktur (IaaS) von Speicher und Rechenleistung auf und sind die zweite Schicht im Cloud Stack11. Zu den bekannten Vertretern gehören Google App Engine, Cloud Foundry von VMware, OpenShift von Red Hat, Windows Azure von Microsoft, Force.com, NetSuite und Facebook Connect.
Den dritten Baustein im Cloud Stack bildet SaaS. Er kommt in Deutschland übrigens am häufigsten zum Einsatz12. Das Modell basiert auf dem Grundsatz, dass die Software und die IT-Infrastruktur bei einem externen IT-Dienstleister betrieben und vom Kunden als Service genutzt werden13. Beispiele sind Google Drive, Apple iWork.com, Salesforce, Office Live, NetSuite, Ultimate Software, Oracle, Concur, Dell, Yahoo, Sugar CRM und Microsofts Social Network Yammer14.
Immer mehr Provider
In den vergangenen Jahren haben zunehmend mehr Unternehmen versucht, im Zug in Richtung Wolken mitzufahren. Bei der Erarbeitung des „Cloud Vendor Benchmark 2012“ der Experton Group stellte sich heraus, dass es allein in Deutschland inzwischen mehr als 350 IT-Provider gibt, die sich mit Cloud-Federn schmücken. Am Ende blieben 109 Anbieter mit einem erst zu nehmenden Cloud-Portfolio übrig15. Die Studie bestätigte im Segment der öffentlichen IaaS-Cloud-Dienste Amazon Web Services (AWS) als Marktführer vor IBM. Gartner benennt ebenfalls Amazon als Leader im Bereich Cloud-Services16. Die Bewertungskategorie „IaaS Managed Cloud“ im „Cloud Vendor Benchmark 2012“ führt indes T-Systems vor IBM, BT Germany und Fujitsu an. Bei „ERP aus der Cloud“ hat SAP mit Business byDesign die Nase vorn. In der Kategorie Cloud-Technologien dominieren Komplettanbieter wie IBM, HP, Dell, Fujitsu, Cisco und Oracle. Im „Cloud-Management“ liegt VMware an der Spitze.
Die Provider bieten unterschiedliche Zugänge an, je nach Liefermodell. Bei der Public Cloud hat die breite Öffentlichkeit über das Internet Zugang zu abstrahierten IT-Infrastrukturen. Die Private Cloud ermöglicht den Zugang innerhalb der eigenen Organisation und die Hybrid Cloud zeichnet sich durch einen kombinierten Zugang aus den Bereichen von Public Cloud und Private Cloud nach den Bedürfnissen ihrer Nutzer aus. Die Community Cloud bietet Zugang wie bei der Public Cloud – jedoch für einen kleineren Nutzerkreis, der sich die Kosten teilt.4
Die Skepsis ist groß
Von den 28 Prozent aller Unternehmen in Deutschland, die Cloud Computing nutzen, setzt die überwiegende Zahl auf Private Clouds. Dies geht aus dem „Cloud Monitor 2012“ von KPMG und BITKOM17 hervor. Dabei handelt es sich vor allem um Großunternehmen, wobei die ITK-Branche und die Finanzdienstleister Vorreiter sind. Bei letzteren sind häufig interne Shared Service Center etabliert. Im Mittelpunkt von Private Cloud Computing stehen Software- und Infrastrukturdienste. In Bezug auf Public Cloud Computing zeigen die Unternehmen sich noch äußerst zurückhaltend: Für fast 90 Prozent sind Public Clouds kein Thema. Zu groß sind Ängste wie vor dem Verlust von Daten und IT-Know-how sowie einer unsicheren Rechtslage. KPMG und BITKOM rechnen mit einer steigenden Nachfrage in den nächsten Jahren.
Vor allem in kleinen und mittelständischen Unternehmen überwiegen noch Skepsis und Unentschlossenheit. Nach aktuellen Befragungsergebnissen von PROZEUS ist Cloud Computing bislang nicht wirklich im deutschen Mittelstand angekommen. Doch nicht nur Anwender in diesen Unternehmen sehen Cloud Computing als weniger bedeutend für ihre Praxis an. „Auch die Dienstleister bewerten IT-Sicherheit, die eigene Unternehmens-Website, mobile Anwendungen oder CRM als wesentlich wichtiger für die Betriebe“, geht aus dem IKT-Barometer II/201218 hervor.
Tatsächlich gibt es immer wieder Cloud-Pannen. Dazu zählen Ausfälle. Davon betroffen waren im vergangenen Jahr auch bekannte Lösungen wie Amazon Cloud, Google App Engine und Dropbox. Aber auch Angriffe auf die Clouds gehören dazu. So waren 2012 alle Skype Accounts ohne Passwörter zugänglich, Dropbox-Kundendaten wurden von Mitarbeitern für Spam missbraucht und Yahoo „verlor“ 453.000 unverschlüsselte Nutzerpasswörter19.
Darüber hinaus sind nicht alle Clouds gut, wie Sophos im Whitepaper „Die dunkle Seite des Cloud Computings“20 beschreibt. Einige der leistungsstärksten Cloud-Computing-Plattformen werden von Cyber-Verbrechern kontrolliert. „Diese als Botnets bekannten dunklen Clouds können mehrere Millionen infizierter Computer, sogenannte Bots, zur Verbreitung von Malware ausnutzen.“ Ohne das Wissen der Unternehmen können Botnets so viel Rechenleistung abzweigen, dass das Netzwerk des Unternehmens zum Erliegen kommt. Keine gute Reputation für die Cloud.
Ein weiteres Thema, das viele von Cloud-Lösungen fernhält, sind die Rechte am in der Cloud gespeicherten digitalen Eigentum. Auch Apple-Mitbegründer Steve Wozniak hegt solche Bedenken. Cloud Computing wird in den nächsten fünf Jahren schreckliche Probleme verursachen, sagte er im vergangenen Sommer21.
Überraschend ist dies aber nicht. 2009 kündigte Andrew McAfee eine lange, aber unaufhaltsame Übergangszeit und Skeptiker entlang des gesamten Weges an. Er prophezeite: „Viele von ihnen werden Einwände und Argumente haben, die zu bestimmten Zeitpunkten ihre Gültigkeit haben, aber nicht über längere Zeiträume hinweg. Und die längeren Zeiträume sind die, die zählen, weil der Schritt in die Cloud von substanziellen Vorteilen begleitet sein wird, die wir jetzt noch nicht erkennen können.“9 Demnach verlieren die bisherigen Risiken zunehmend an Gewicht und Vorteile werden in den Vordergrund rücken. Ein Indiz dafür lieferte IDC im vergangenen Jahr mit der Feststellung: „Security und Governance als Hemmschuhe verblassen zusehends. Und die Stimme des Business wird lauter, wenn es um die Nutzung von Cloud Services geht.“12
Das Business treibt die Cloud-Adaption
Tatsächlich bieten sich für Unternehmen aller Größenklassen Chancen. Dazu zählen flexible und skalierbare IT-Ressoucen, das Erweitern von Produkt- und Serviceangeboten, die schnelle Realisierbarkeit von Geschäftsideen und die Verlagerung von Investitionen zu variablen Kosten. Die Bezahlung erfolgt nutzungsabhängig und Kosten können gesenkt werden. Dazu können sich Unternehmen stärker auf ihr Kerngeschäft konzentrieren22. Für Business Leader sind vor allem die Kostenreduzierung, die Verkürzung der Time-to-Market und die betrieblichen Benefits des Cloud Computing. Das belegt der Capgemini Business Cloud Report23. Die zentrale Erkenntnis: Die Cloud hat sich gewandelt – von einer IT-gemanagten Plattform zu einem Arbeitsmittel, welches das Business voll und ganz für wichtige neue Initiativen nutzen will. Hintergrund ist, dass innovative Prozesse jenseits des Kerngeschäftes eine große Rolle für das Wachstum spielen. Die Entscheider nutzen Cloud Computing, um neue Anwendungen zu entwickeln, zu testen und so schnell wie möglich auf den Markt zu bringen. Um das Risiko zu verringern, planen die meisten Unternehmen mit mehr als einem Anbieter und gehen Schritt für Schritt vor. Damit setzen sie um, was Experten raten.
Eine solche Schritt-für-Schritt-Adaption empfiehlt auch der BITKOM. Einen einfachen Start ins Cloud Computing können branchenunabhängige Anwendungsdienste für SaaS wie Communication as a Service oder Collaboration as a Service markieren. „Collaboration as a Service kann als Weiterentwicklung von Communication as a Service verstanden werden. Hier steht der gemeinsame Zugriff auf Dokumente im Vordergrund, so dass Arbeitsgruppen eine Basis für ihre gemeinsame Arbeit erhalten – über Grenzen und Zeitzonen hinweg.“ Die Basiskommunikation liefert das Email-System. Darüber hinaus können Kalenderfunktion, Adressverwaltung, Instant Messaging/Chat, Telefonie, Web- und Video Conferencing, Team Sites, Blogs, Wikis und Foren Bestandteil eines Collaboration-as-a-Service-Angebots sein. Insgesamt sind im Leitfaden „Cloud Computing“ an die 75 Punkte aufgezählt, die bei der Einführung im Unternehmen berücksichtigt werden sollten.22
Auf jeden Fall sollte Cloud Computing im Rahmen einer Strategie eingeführt werden. In dem System, das BearingPoint dafür vorstellt24, bildet die Identifizierung des Geschäftspotenzials und die Ausarbeitung, bei welchen Prozesseinheiten Cloud Computing die meisten Vorteile bringen kann, die erste Stufe. Hierbei sollten Unternehmer nicht nur an Kostenreduzierung denken, sondern vor allem einen Fokus auf den Business Value richten. Im zweiten Schritt sei dann eine Cloud-Strategie, basierend auf den individuellen Anforderungen und der Kultur der Organisation, zu definieren. Mit Hilfe der Strategie könne anschließend das Service-Portfolio entwickelt werden.
Dabei werde die existierende IT mit möglichen Cloud- Lösungen verglichen und die in Frage kommenden Partner für die benötigten Services werden beurteilt. Gartner spricht ebenfalls von einer Strategie. Dem Gartner Hype Cycle for Cloud Computing 201225 zufolge erzielen Unternehmen die besten Ergebnisse, wenn sie eigenen Strategien folgen und Cloud Computing nutzen, um sich schneller verändern zu können. Die Strategie sollte sich an der Business-Strategie orientieren und muss zahlreiche Aspekte, unter anderem zu rechtlichen Fragen, berücksichtigen.
Cloud Computing verändert sich
Mit der Adoption des Cloud Computing wächst Gartner zufolge26 der Bedarf an Beratung. Diese könnten künftig sogenannte Cloud-Broker übernehmen. Darüber hinaus könnte Hybrid Cloud Computing zu einem Modell für eine einzige Wolke führen. Diese besteht dann aus mehreren Cloud-Plattformen, die je nach Bedarf und Anforderungen genutzt werden können.
Andere Analysten weisen in dieselbe Richtung. Die Experten von Capgemini sprechen von einer Business Cloud. Sie glauben, dass die Cloud nun grundlegend die Zukunft des Business und die Technologie-Fusion prägt. Die Cloud bringe die Macht der Informationstechnologie näher an das Business als jemals zuvor und nicht nur Möglichkeiten zur Technologie-Unterstützung.
Sie beeinflusse auch stark den Weg, wie Organisationen ihr Geschäft aufsetzen und umsetzen. Das schaffe hohe Erwartungen auf der Nachfrageseite. Aber es verändere genauso die Art Dienstleistungen und Lösungen auf der Angebotsseite. Deshalb sieht Capgemini die Cloud als allgegenwärtiges Konstruktionsprinzip, das das gesamte Business in allen Dimensionen durchdringt. Am Ende gehe es um das Geschäft, das von der Cloud profitiere, nicht um die Wolke an sich – um die Business Cloud.23
Ein Kartell kommt auf den Plan
Es ist ein harter Wettbewerb um die Clouds in Gange. Und der bleibt nicht ohne Auswirkungen. Weil Cloud-Dienste ins Zentrum von immer mehr Herstellerangeboten rücken, rechnet beispielsweise IDC damit, dass sich die Aktivitäten bei Fusionen und Übernahmen 2013 verstärken. Die Anbieter von paketierten Applikationen wie IBM, Microsoft oder Oracle werden selbst zu SaaS-Providern und treten damit zunehmend in Konkurrenz zu reinen SaaS-Dienstleistern wie Salesforce oder Workday. IDC
erwartet eine regelrechte PaaS-Explosion.1
Forrester hat in seinem Business- und Technologie-Ausblick auf 2020 eingeschätzt, wer letztlich die großen Anbieter in der Cloud sein werden: Amazon, Cisco Systems, Google, IBM, Microsoft, Oracle und einige andere Wettbewerber. Bemerkenswert: Die Mitglieder dieses „Kartells“ sind US-Unternehmen. Sie alle agieren zwar international. Aber die Innovationen finden zuerst in den USA statt. Diese Konzerne bieten günstiges Computing, Benutzerfreundlichkeit und niedrige Wartungskosten an. Durch das Fokussieren auf verschiedene Sektoren werden sie miteinander konkurrieren. Verbraucher- und andere Daten werden das Herzstück von Unternehmen wie Amazon, Google und Microsoft. So schockierend die Herausbildung dieser wenigen multinationalen Konzerne klingen mag, so passe es in das historische Muster. Dieses Mal gewinne, wer am besten Millionen Server voller Daten verwalten und bereitstellen könne. Die meisten Unternehmen seien nicht bereit für die Veränderung, die durch Cloud Computing hervorgebracht werden27. Davon ist auch Europa betroffen.
Wer zu spät kommt …
„Leider hat Europa den Trend zum Cloud Computing verschlafen“ – auch wenn die EU-Kommission nun erkannt habe, dass Cloud Computing vor allem für kleinere Firmen und Privatleute zu erheblichen Einsparungen und verbesserten Dienstleitungen führen könne, formuliert Dr. Horst Henn in seinem Blog28. Die Universitäten bilden keine Spezialisten dafür aus, Geld für die Anschaffung einer größeren Cloud-Infrastruktur und Cloud-Anwendungen für die Ausbildung gebe es nicht. Ein weiterer Grund: „Die deutschen Gesetzgeber haben es geschafft, den rechtlichen Rahmen für Internet Services so ungünstig zu gestalten, dass eigentlich kein großer Service-Betreiber in Deutschland effektiv arbeiten kann.“ Der Wachstumsmotor läuft anderswo, stellt Henn fest29. Für deutsche IT-Dienstleister bleibe nur eine Nische für spezielle Cloud-basierte Services in der Benutzerberatung. Ein ähnlicher Tenor ist im Harvard Business Manager8 zu lesen. Dort heißt es zwar, dass der Umbruch gerade erst richtig begonnen hat. Unternehmen, die die Anfänge verpasst haben, haben es jedoch schwer, aufzuschließen.
Dies gilt auch für die Unternehmen, die Cloud-Dienste nutzen. Selbst wenn die Frequentierungszahlen inzwischen angestiegen sind. Dem Capgemini Business Cloud Report zufolge verfügen in Europa, im Nahen Osten und Afrika 73 Prozent über eine Cloud-Annahme-Strategie. Dieser vermeintlich hohe Wert relativiert sich jedoch, wenn man bedenkt, dass es in Nordamerika 93 Prozent der befragten Unternehmen sind. Die 73 Prozent liegen drei Prozent unter dem weltweiten Durchschnitt.
Zwar sieht auch Forrester-Research-Analyst James Staten in der Cloud kein Heilmittel und nicht die Zukunft. Dennoch bezeichnet er sie als eine maßgebliche Technologie. Sie transportiere die Themen Commodization und Modernisierung, welche die Zukunft der IT seien30. Unabhängig davon, ob diese Themen wirklich die Zukunft der IT darstellen, steht fest: Cloud Computing ist Technologie, die sich rasant verändert – und damit echtes Teufelszeug. Als solches ist Cloud Computing kein Selbstzweck. Letztlich geht es immer ums Geschäft. Und das ist rigorios. „In Zukunft wird es zwei Arten von Unternehmen geben, die schnellen und die toten“, hat es Jens Bodenkamp von Intel einmal auf den Punkt gebracht.
Quellen
- IDC, „IDC Predictions 2013: Mobile- und Cloud-Deployments heizen 2013 den Kampf um die dritte Plattform an“, bit.ly/YNDlrJ
- James Staten, „2013 Cloud Predictions: We’ll Finally Get Real About Cloud“, bit.ly/TEZpPc
- BadIdea2008, „Larry Ellison – What The Hell Is Cloud Computing?“, bit.ly/Ovtrx
- Wikipedia, „Cloud-Computing“, bit.ly/ljuDE
- Google Enterprise, „Era of the Cloud: Nicholas Carr (Google Atmosphere Session 2)“, bit.ly/UGIL1F
- Salesforce, „Die Geschichte von Cloud Computing“, bit.ly/MNpebw
- René Büst, „Die historische Entwicklung des Cloud Computing“, bit.ly/VVxQ3T
- Jens-Uwe Meyer, „Das Sterben der Innosaurier“, bit.ly/QmOZDp
- Andrew McAfee, „The Cloudy Future of Corporate IT“, bit.ly/pu5M7
- NIST, „The NIST Definition of Cloud Computing“, 1.usa.gov/ohXnIM
- Wikipedia, „Platform as a Service“, bit.ly/V4DQea
- IDC, „IDC-Studie: Cloud Computing in Deutschland 2012 – Evolution der Revolution“, bit.ly/M10GRL
- Wikipedia, „Software as a Service“, bit.ly/4F4gQS
- Cloud Times, „Cloud Companies“ bit.ly/T5qH3H, Yoyoclouds, „Cloud Infographics – The Cloud Computing Stratosphere“, bit.ly/WljY5h
- Experton Group, „Cloud Vendor Benchmark 2012: Tolle Produkte oder nur tolles Marketing? – Lautstärke ist kein Argument“, bit.ly/JkNgui
- Reuven Cohen, „Gartner Announces 2012 Magic Quadrant for Cloud Infrastructure as a Service“, onforb.es/Tt6oyZ
- KPMG, „Cloud Monitor 2012“, bit.ly/R2l5o6
- PROZEUS, „PROZEUS IKT-Barometer II/2012 – Cloud Computing: Für viele mittelständische Unternehmen eine neblige Sache“, bit.ly/VO0QuC
- PROTONET, „Daten- und Ausfallsicherheit von Clouddiensten“ bit.ly/SMXJpl
- Angelo Comazzetto, „Die dunkle Seite des Cloud Computing“, bit.ly/ZffOkM
- Seth Fiegerman, „Steve Wozniak: Cloud Computing Will Cause ‚Horrible Problems In The Next Five Years'“, read.bi/Ne0Mm2
- BITKOM, „Cloud Computing – Evolution in der Technik, Revolution im Business“, bit.ly/UO0SDH
- Capgemini, „Business Cloud: The State of Play Shifts Rapidly“, bit.ly/YfvfIk
- BearingPoint, „BearingPoint-Studie: Vertrauen, nicht Geld wird über den Erfolg von Cloud Computing entscheiden“, bit.ly/RH9Wxn
- René Büst, „Gartner veröffentlicht Cloud Computing Hype Cycle 2012“, bit.ly/OYLkfg
- Gartner, „Gartner Outlines Five Cloud Computing Trends That Will Affect Cloud Strategy Through 2015“, gtnr.it/H8bwRF
- Quentin Hardy, „Here Come the Cloud Cartels“, nyti.ms/wE9Ro7
- Dr. Horst Henn, „Das nächste EU Wolkenkuckucksheim – EU Cloud Computing“, bit.ly/V4EgkH
- Dr. Horst Henn, „Wer sind die Gewinner im Cloud Computing?“, bit.ly/Zfg6bs
- Martin Schindler, „Cloud ist NICHT die Zukunft“, bit.ly/PAuKTJ