Man braucht nur eine Glaskugel oder einen ordentlichen Kaffeesatz. Auch in der Retrospektive ist alles ganz simpel. Rückblickend ergibt fast alles Sinn. Die Verläufe erscheinen logisch, fast schon zwingend. Von der Kutsche zum Automobil ist es da nur ein kurzer Weg.
Das Problem bei Aussagen zur Zukunft ist jedoch, dass wir in der Regel den gerade aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik zugrunde legen und diesen lediglich gedanklich weiterentwickeln. Vor gut 100 Jahren, noch bevor Flugzeuge zu einer bequemen, bezahlbaren und relativ ungefährlichen Form der Personenbeförderung wurden, gingen manche Menschen davon aus, dass in der Zukunft große Schiffe den Luftverkehr abwickeln würden, die an noch größeren Zeppelinen hingen. Die rasante technische Entwicklung der nächsten Jahre war für diese Menschen damals schlicht nicht vorstellbar. Auf die gleiche Weise kombinierte man später einfach Autos mit Flugzeugen. Das Ergebnis: fliegende Autos … und Hoverboards. Auf beides wartet die Menschheit bis heute vergebens.
Fast immer gehen wir von dem aus, was wir kennen und entwickeln lediglich den Status quo gedanklich weiter. Etwas völlig Neues vorherzusehen oder eine technologische Revolution zu erkennen, bevor sie überhaupt entsteht, ist auf diese Weise nicht einfach. Gerade in Social Media tritt dieses Phänomen verstärkt auf. Vor allem ist Social Media mit kaum etwas in der Vergangenheit vergleichbar. Noch nie in der Geschichte der Menschheit waren so viele Menschen über so große Distanzen hinweg vernetzt und Nachrichten und Informationen in so kurzer Zeit weltweit verfügbar. Netzwerke wie Facebook oder Dienste wie Social Shopping waren bis vor kurzem nahezu undenkbar, weil hierfür die technischen Voraussetzungen nicht gegeben waren.
Der Blick in die Zukunft muss jedoch nicht nur den technischen und gesellschaftlichen Ist-Zustand bedenken, sondern auch die Entwicklungen der Vergangenheit und die wirtschaftlichen Motivationsgründe berücksichtigen. Nur so ist es möglich, Implikationen vorherzusehen und realistisch einzuschätzen.
In dieser Ausgabe wagen wir den Blick in die Kristallkugel. Was bringt die Zukunft für Facebook und Google? Wie wird Social Media im Jahr 2035 aussehen? Wie werden wir einkaufen? Und werden wirklich Roboter unser Leben erleichtern? Nach 96 Ausgaben werden wir dann zurückschauen und wissen, ob wir Recht hatten.
Dieser Artikel war das Editorial vom Social Media Magazin Nr. 2011/4 und war ein Intro zu dem Leitartikel im Magazin „Das Jahr 2035 – Die Zukunft von Social Media„.