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Von beinahe jedem digitalen Original, Software, Musik, Film oder Buch, ist die Kopie schon vorab als kostenloser Download im Internet verfügbar. Die Anbieter der Originale möchten als Inhaber der Veröffentlichungs- und Vervielfältigungsrechte Geschäfte machen, die Anbieter der Kopien diese Geschäfte behindern.
Ihrer Meinung nach ist eine generelle freie Nutzung von Informationen im Netz einer kommerziellen Verwertung vorzuziehen. Es ist eine moderne Variante des Hase-und Spiels: Kommt das Origin auf den Markt, ist seine Kopie längst da. Da kann das Original sonstwas mit sich anstellen lassen, es ist im Nachteil: Es kostet etwas. Bei gleicher Qualität der kostenlosen Kopie ist das zu viel.
Aus dem Spiel ist längst Ernst geworden, die Hasen – der Industrie – suchen nach einer restriktiven Handhabe, das Tun der Igel – der Computerszene – zu unterbinden. Unter Verweis auf die Verletzung von Urheberrechten klagen die stets zu späten Hasen die stets zu frühen Igel moralisch und juristisch an. Von dieser zum Kampf der Netzkulturen stilisierten Auseinandersetzung erzählt „No Copy – Die Welt der digitalen Raubkopie“, und seine Autoren Jan Krömer und William Sen lassen keine Zweifel daran, auf wessen Seite sie stehen. In ihrer Darstellung ist es eine Auseinandersetzung zwischen kleinen guten Igeln und großen bösen Hasen, um Neutralität bemühen sie sich erst gar nicht: Krömer und Sen kommen selbst aus der Computerszene.
„NO COPY“ ist dennoch ein profunder und faktenreicher Bericht aus dem Inneren der digitalen Sphären, der sich eindeutig positioniert, dessen Argumente deshalb aber nicht falsch sein müssen. Immer wieder kommen die Autoren auf die frei flottierenden Daten als quasi konstituierendes Element einer funktionierenden, sich ständig weiterentwickelnden Computerwelt zurück. Denn so nahm alles seinen Anfang, als schraubende und lötende Technikfreaks, die sich Hacker nannten, in den 1950er Jahren kleine elektronische Systeme erschufen und ihre Arbeit anderen kostenlos zur Verfügung stellten.
Später dann, in den 1970ern, die ersten Hacker, die ihr Know-how zu Geld machen wollten: Steve Jobs gründete Apple und verscherbelte Hardware, Bill Gates gründet Microsoft und verscherbelte Software – entgegen den bisherigen Gepflogenheiten einer freien, von allen verfügbaren und veränderbaren Software. Gates war es auch, der in einem „Open Letter“ erstmals diejenigen des Diebstahls bezichtigte, die nicht bezahlte Software nutzten und weiterverbreiteten.
Die Hacker und Cracker von heute werden vom Wettbewerb ums „schnellste Release“ ziemlich auf Trab gehalten. Bei aller Freiheitsliebe aber wollen sie keine Anarchisten sein, sie sind auch nur Menschen, die Freude haben am demontieren, verbessern und kreieren und partout nicht einsehen, weshalb die digitale Kopie für alle Beschränkungen unterliegt. Da geht es ihnen wie Jan Krömer und William Sen, die Gründe finden für Open Source-Programme und Filesharing: Nach dem Prinzip der Selbstregulierung gilt, dass die Qualität steigt, je mehr sich beteiligen; Wikipedia als anerkannte freie Enzyklopädie ist ein Beispiel. Auf illegale Tauschbörsen bezogen: Die Gefahr des Erwischtwerdens verringert sich, je mehr Nutzer beteiligt sind; „Kollektivierung von Risiko“ nennt sich das. Gegen die Kriminalisierung von allen, die sich beim Umgang mit Raubkopien schuldig machen, wendet sich dieses Buch mit Vehemenz. „NO COPY“ versammelt sehr präzise Argumente, auch weniger schlüssige Rechtfertigungen. „Alles gehört allen“, bejubelten die beiden Autoren jüngst in einem Zeitungstext das Potenzial des Internets und erträumten den „Dot-Communism“. Das World Wide Web als Ort der Reanimation einer längst zu Grabe getragenen Utopie? Kommunismus, was war das schnell noch mal? Wikipedia informiert.
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