Kopiesympathie

Verständnis für die Crackerszene


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Falter Wochenzeitung

Falter Wochenzeitung, Österreich

Jan Krömer und William Sen erzählen in „NO COPY“ die Geschichte der digitalen Kopie mit viel Verständnis für die Crackerszene.

Dass Raubkopien von Computerspielen verboten sind, weiß heute jedes Kind. Und dass man Schwierigkeiten bekommen kann, wenn man aus dem Internet illegal MP3-Files herunterlädt, hat sich mittlerweile ebenfalls herumgesprochen. Trotzdem sind Filesharingplattformen kaum totzukriegen – daran konnten bislang auch die Klagen der Musikindustrie und die gängigen Kampagnen mit Sprüchen à la „Raubkopierer sind Verbrecher“ nichts ändern.

Im Buch „NO COPY“ von Jan Krömer und William Sen lässt sich nachlesen, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Die beiden jungen Autoren erzählen die Geschichte der digitalen Raubkopie und spannen den Bogen von den Anfängen in der Computersteinzeit vor über dreißig Jahren (als sich ein gewisser Bill Gates mit der Idee, für Software Geld zu verlangen, bei einigen Kollegen unbeliebt machte) bis zu den „Open Source“-Modellen und den aktuellen Debatten über die Einhaltung des Urheberrechts im Internet.

Die Autoren nähern sich dem Thema dabei mit viel Verständnis für die Anliegen der Crackerszene. Statt von „Raubkopien“ ist im Buch beispielsweise bewusst nur von „Schwarzkopien“ die Rede. Und das Programmknacken erklären Krömer und Sen als eine Art sportlichen Wettkampf innerhalb der Szene, in dem die Gruppen nur versuchen, schneller als der Rest zu sein. Schuld an der massenhaften Verbreitung seien dann meist nicht die Cracker selbst, sondern die sogenannte FXP-Szene (die Abkürzung steht für „file exchange protocol“), oder eben die von ganz gewöhnlichen Usern benutzten Filesharingplattformen. Krömer und Sen schildern die Geschichte des Crackens, Hackens und Downloadens mit viel Fach-und Hintergrundwissen. Gleichzeitig ist „NO COPY„“ allerdings nicht immer ganz überzeugend argumentiert. Dass ein nur aus „sportlichen“ Gründen geknacktes Programm früher oder später über andere Kanäle den Weg ins Internet findet, dürfte schließlich auch für Cracker mit vermeintlich guten Absichten nicht sehr überraschend sein.

Trotzdem bietet das mitunter etwas trocken geschriebene Buch interessante Einblicke in die Strukturen der verschiedenen Szenen und Gruppierungen. Anhand diverser Beispiele zeigen die Autoren außerdem die ambivalenten Seiten der Copyrightdebatte auf: Wenn der Kopierschutz einer CD etwa so „gut“ funktioniert, dass nicht einmal mehr das ehrlich gekaufte Original im Player läuft, hat er sein Ziel wohl eher verfehlt.

Im Anhang des Buchs finden sich ein Begriffslexikon und ergänzende Interviews mit Hackern und Fachleuten, die ebenfalls so manche überraschende Erkenntnis bringen: Der Geschäftsführer der deutschen Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) – quasi der Gegenspieler der Raubkopierer – betrachtet seinen Job nämlich ebenfalls als einen sportlichen Wettkampf.
von T. Prilic | 25. Oktober, 2006


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