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Jan Krömer und William Sen weisen in ihrem soeben erschienenen Buch NO COPY – Die Welt der digitalen Raubkopie mit Bezug auf eine Studie der US-Wissenschaftler Oberholzer-Gee und Strumpf darauf hin, dass „immer mehr Nutzer übers Internet Musik kennen lernen, auf die sie ohne den Tausch durch Filesharing nicht aufmerksam geworden wären. (…)
Zudem führe die Tauschbörsennutzung dazu, dass die Preise für Musik fielen, was ebenfalls den Verkauf anregen könnte.“ Beides stimmt. Unbekannte Labels und Acts profitieren von der Zirkulation der Kopien, da sie damit User erreichen, die sich die Sachen kostenlos ziehen, aber auch User erreichen, die sie sich kaufen, mit besseren Qualität legal downloaden etc. und es sonst niemals hätten tun können. Niedrigerer Preis gleich mehr Verkauf macht ebenfalls Sinn, denn das Wohlfahrtsmaß, auch ein ökonomisches Modell, findet die hohen CD-Preise, die Plattenläden zu Tonträgerboutiquen haben werden lassen, schon lange gar nicht gut: Jochen Haller führt in seiner Dissertation an, dass die Konsumenten sich durch Kopieren jenen Anteil des „sozialen Überschusses“ zurückholen, der ihnen durch zu hohe CD-Preise verloren geht. Bei Produktionskosten von einem Euro und Verkaufspreisen von rund 15 Euro ist die „Produzentenrente“ der Industrie denkbar hoch. Träfen sich Konsument und Produzent weiter in der Mitte, wären viele Konsumenten wohl eher bereit dazu, sich ein Original zuzulegen statt einer Kopie.
Denn den Warenfetischcharakter, vergegenständlicht durch Cover, Artwork, Jewel Case etc., kann schließlich keine digitale Kopie nivellieren. Und nur gebrannte CDs im Schrank stehen zu haben macht eben auch nicht gerade viel her, wenn sich Besuch der Herzensdame oder des Herzbuben ankündigt. Im Gegenteil. Noch schöner als CDs sind die schicken alten Schallplatten. Seit geraumer Zeit sind diese wieder, in verschiedenen Mediamärkten zu erwerben, wenn auch in übersichtlicher Auswahl. Da macht es fast nichts, die Vinyls nicht zu verschleißen. Man macht den dazugehörigen MP3-Ordner an und schaut sich eben die Hülle an. Ist ohnehin praktischer. Das Karnickel Musikmedium schlägt in seiner Talfahrt seltsame anachronistische Haken. Im ersten Schritt wäre die Kopie also ein wahrhaft kommunistisches Element, wie Ausgabe 100 der Musikzeitschrift de:bug bestätigt: „Unter digitalen Bedingungen muss man nicht mehr teilen. Man kopiert einfach.“ Das kapitalistische Re-Entry von Angebot und Nachfrage besorgt dann das Bedürfnis, bestimmte Dinge einfach zu „haben“ und/oder privateigentümlich besitzen zu wollen. Dass dieses langfristig immer weniger und seltener die Produkte sein werden, die nach alten Regeln des Star Systems produziert, beworben und vertrieben werden, stört nur diejenigen, die noch nach diesen alten Regeln spielen wollen. Die Arctic Monkeys interessiert das wohl herzlich wenig. Andere Bands werden folgen. Und die Autoren von NO COPY, die ihr Buch am 6. April einen Tag lang kostenlos als PDF unter www.no-copy.org anbieten, tun dieses auch nicht aus reiner Benevolenz, sondern weil sie die Marketing-Logik aus Verfügbarkeit gleich (digitale) Kopie gleich Aufmerksamkeit gleich (harte) Kopie verstanden haben.
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