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Obwohl sich alle drei Stufen der Verbreitungspyramide in ihrer Struktur deutlich voneinander unterscheiden, fließen die Warez zumeist durch alle Szenen hindurch. Das Bindeglied zwischen der zwielichtigen Release-Szene und den Millionen Gelegenheitskopierern der Filesharing-Szene ist die FXP-Szene. Einerseits verfügt sie zumindest vereinzelt über Kontakte zu Release Groups. Dort gelingt es, sich in der goldenen Schatzkammer der neusten Warez zu bedienen. Andererseits gibt es auch viele FXP-Mitglieder, die es gerne sehen, wenn ihre Schwarzkopien in den Filesharing-Netzwerken Verbreitung finden. So kommt es, dass täglich Tausende Warez von der obersten Stufe der Verbreitungspyramide bis zu den Tauschbörsen weitergereicht werden.
Landet schließlich eine Kopie in irgendeinem Filesharing-Netzwerk, sorgt die Filesharing-Szene dafür, dass sie innerhalb kurzer Zeit in allen bekannten Tauschbörsen auftaucht. Was von den Release Groups hinter verschlossenen Türen veröffentlicht wurde, findet somit seine Endstation auf den Festplatten von Millionen Computernutzern auf der ganzen Welt. Die Warez in den Filesharing-Netzwerken sind zwar im Vergleich zu den Schwarzkopien der Release- und FXP-Szene weniger aktuell. Die meisten Gelegenheitskopierer stört das jedoch nicht. Hier wird konsumiert, was das Netzwerk hergibt. Ohnehin sind die Warez oft nur wenige Tage oder gar nur einige Stunden alt, wenn sie in der Filesharing-Szene ankommen.
Die Rechteinhaber versuchen dagegen meist den Eindruck zu erwecken, die Tauschbörsen selbst seien ausschlaggebend für die Produktion von Warez. Als beispielsweise der Film Star Wars: Episode III – Revenge of the Sith im Mai 2005 noch vor dem offiziellen Kinostart als Kopie im Umlauf war, verkündete der Präsident der amerikanischen Filmgesellschaft MPAA, Dan Glickman, in einer Presseerklärung: „Es gibt kein besseres Beispiel dafür, wie Diebstahl die Magie der Filme verblassen lasst, als dieser heutige Bericht, nach dem BitTorrent die Nutzer mit illegalen Kopien von Revenge of the Sith versorgt. Dieser bedauerliche Umstand ist die Art von Diebstahl, wie er ständig in Peer-to-Peer-Netzwerken weltweit geschieht“.
Der wahre Verbreitungsweg war der MPAA anscheinend nicht bekannt. Dabei belegt der Fall Star Wars: Episode III lediglich die eindrucksvolle Geschwindigkeit, mit der sich Warez mittlerweile in den Szenen verbreiten.
Die GVU (Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen), die im Auftrag der Film- und Softwareindustrie Jagd auf Schwarzkopierer macht, weiß dagegen durchaus um den Ursprung der Warez (siehe Interview mit GVU-Chef Joachim Tielke auf S. 275). Häufig stellt sie jedoch Schwarzkopierer als eine Bande von Kriminellen dar, die das Kopieren nicht als Hobby, sondern aus reiner Profitsucht betreiben. Viele Meldungen lassen vermuten, dass die Industrie die wahren Hintergründe der Warez-Szenen häufig verzerrt darstellt, um ihre Interessen besser durchsetzen zu können. Als die Topsite Unreality 2003 von der Polizei stillgelegt wurde, sprach die GVU von der Entdeckung eines „Piratenservers“ und spekulierte: „Die mutmaßlichen Täter versorgten sich höchstwahrscheinlich gegenseitig unter anderem mit dem neuesten Material an Filmen und Computerspielen, um dieses dann größtenteils gegen Entgelt weiterzuverbreiten.“ Auch als im April 2005 die Release Group Flatline von der Polizei ausgehoben wurde, bejubelte die GVU einen „schweren Schlag für die professionelle Raubkopiererszene“. Die einzigen Profis hierbei waren allerdings die Ermittler und Kläger selbst.
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