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Dagegen hielt sich die Filmindustrie zunächst zurück mit solchen Massenklagen. Erst angesichts der wachsenden Verbreitung schneller Internetverbindungen, mit denen auch Filme in relativ kurzer Zeit heruntergeladen werden konnten, wurde sie nervös.
Im November 2004 begann folglich auch die MPAA ihren „eigenen Krieg gegen den Terror“, wie Präsident Jack Valenti die Mission der Filmlobby bereits zwei Jahre zuvor beschrieben hatte. Sie startete eine erste Klagewelle gegen die Filmsammler in den Tauschbörsen. Im Gegensatz zur Musikindustrie gab die MPAA weder bekannt, in welchen Tauschbörsen sie auf die Jagd gegangen war, noch, wie viele Filmfans überhaupt verklagt wurden. Insider sprachen von bis zu 300 Filesharing-Nutzern, von denen einige nur einen einzigen Film heruntergeladen hatten. Offensichtlich war es das Ziel, Unsicherheit unter den Tauschern zu verbreiten.
Die MPAA verteidigte den Vorwurf der Geheimniskrämerei. „Es ist egal, ob es 10 oder 500 Klagen sind. Es geht darum, dass es nirgends einen sicheren Platz gibt“, sagte der für den Kampf gegen Schwarzkopien zuständige MPAA-Direktor John Malcolm. Im Januar 2005 startete die MPAA eine zweite Klagewelle gegen Filesharer. Auch hierbei diente die Musikindustrie als Vorbild. Seit der ersten Welle 2003 erhob sie in regelmäßigen Abständen immer wieder Anklage gegen Hunderte von Tauschbörsennutzern. Bis Mai 2005 reichte die US-Organisation RIAA über 11.000 Klagen ein. Platz zwei der weltweiten Klagestatistik hält Deutschland mit immerhin 1.300 verklagten Musikfans bis zum Juli 2005. Hier sind laut IFPI im Schnitt 4.000 Euro Schadensersatz zu zahlen gewesen, wobei in Einzelfällen auch schon bis zu 15.000 Euro fällig wurden.
Trotz dieser massenhaften Klagen ist die Gefahr, zu den Angeklagten zu zählen, relativ gering. Das Internetmagazin Slyck errechnete angesichts der großen Nutzerzahl, es sei wahrscheinlicher, durch einen Autounfall, Flugzeugabsturz oder Mord ums Leben zu kommen, als von der RIAA verklagt zu werden.
Dennoch haben die vielen Meldungen über Strafanzeigen und Gerichtsverfahren ihre Wirkung nicht verfehlt. Immer öfter reagieren Politiker und Unternehmen unangemessen, wenn es um den Schutz des Urheberrechts geht. Der US-Senator Orrin Hatch schlug 2003 sogar die Verabschiedung eines Gesetzes vor, das es Urhebern erlauben sollte, Computer von Urheberrechtsverletzern übers Internet zu zerstören. Zum Entsetzen vieler Computernutzer wurde ausgerechnet Orrin Hatch 2005 zum Vorsitzenden des US-Senatsausschusses ernannt, der für Urheberrechtsfragen zuständig ist und hierzu Gesetzesvorlagen entwerfen soll.
Doch trotz aller juristischen Vorstöße der Urheberrechteinhaber wird die Unsicherheit bezüglich der gesetzlichen Bestimmungen eher noch größer. Es könnte sogar in der virtuellen Welt verboten sein, was im realen Leben völlig legal ist. Der Juraprofessor Edward Felten berichtete auf seiner Website vom Hersteller eines großen Online-Rollenspiels, der darauf verzichtet hatte, Musikinstrumente in sein Computerspiel einzubinden. In dem Spiel ist es dem Spieler möglich, in einer virtuellen Welt einen Charakter frei zu steuern und Gegenstände zu benutzen. Die Entwickler hatten die innovative Idee, der Figur die Möglichkeit zu geben, Musikinstrumente zu spielen. Die Spieler hätten sich an einer Straßenecke treffen und gemeinsam musizieren können. Selbst virtuelle Musikkonzerte mit Zuschauern wären denkbar gewesen. Die Idee wurde jedoch nie umgesetzt. Die Anwälte des Spieleherstellers befürchteten, dass die Spieler ihre virtuellen Instrumente dazu nutzen könnten, urheberrechtlich geschützte Lieder nachzuspielen. Die Gefahr einer Urheberrechtsklage gegen den Hersteller wurde als zu groß angesehen. Was in der Realität jedermanns Recht ist, wie das Nachspielen einer Melodie oder gemeinsames Singen, wurde für ein Computerspiel zu einem unberechenbaren Risiko erklärt.
Vor derartigen Innovationsbremsen warnt auch Lawrence Lessig. Seiner Meinung nach haben Regulierungen und Gesetze im Bereich des Copyrights derartige Ausmaße angenommen, dass Unternehmen davor zurückschrecken, innovativ zu handeln: „Die gewohnte Art und Weise, in der Menschen Kultur erschaffen und teilen, gerät in die Fänge der gesetzlichen Regelungen, deren Kontrolle sich auf Kultur und Kreativität ausdehnt wie nie zuvor.“
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