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Die Szene konnte sich lange Zeit nicht vorstellen, dass Musikstücke kopiert und übers Internet verbreitet werden könnten. Selbst als das Medium CD bereits gängig war, verfügte die Szene über keine Möglichkeit, Musikstücke zu tauschen. Die Datenmengen der Lieder waren dermaßen groß, dass es unverhältnismäßig lang gedauert hätte, sie übers Internet zu verbreiten. 1995 hätte ein durchschnittlicher Nutzer etwa zehn Minuten warten müssen, um 30 Sekunden Musik herunterzuladen.
Erst ein neues Datenformat sorgte für den Durchbruch digitaler Musik im Internet. Mitte der 90er Jahre veröffentlichte das Erlanger „Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen“ ein Kompressionsverfahren für Musik. Genannt wurde diese neue Technologie „MPEG-1 Audio Layer 3“, abgekürzt MP3. Das MP3-Format filtert aus einem Musikstück alle Signale heraus, die das menschliche Ohr nicht wahrnehmen kann. Dadurch verringert sich die Größe der Datei erheblich. Lieder konnten von nun an ohne merklichen Qualitätsverlust um das Zehnfache ihrer Größe verringert werden.
Die Schwarzkopierer gehörten lange vor der Musikindustrie zu den ersten, die Internet und MP3 zu kombinieren wussten: Das Netz bildete einen idealen Verbreitungskanal. Das MP3-Format ermöglichte auch Nutzern, die über langsame Internetverbindungen verfügten, den Download von Musik. Es entstanden zahlreiche Internetsites über die Songs im neuen digitalen Format heruntergeladen werden konnten. Schon bald interessierten sich auch gewöhnliche Computernutzer für MP3-Musikstücke. Überdies trugen die steigenden Geschwindigkeiten der Internetanbindungen dazu bei, dass MP3 rasch zu einem neuen Musikstandard wurde.
In der bislang rein auf Software ausgerichteten Release-Szene entstand eine neue Disziplin: das Releasen von Musik. Es bildeten sich Release Groups, die sich ausschließlich darauf spezialisierten. Da jede Woche Hunderte neue Alben erscheinen, hat die MP3-Szene alle Hände voll zu tun. Mittlerweile gibt es sogar Gruppen, die nur Musik eines bestimmten Genres veröffentlichen. Außerdem erstellen auch viele FXP Groups und Filesharing-Nutzer Kopien ihrer Lieblingssongs und verbreiten sie im Netz.
Das Internet bietet ganze Alben, aktuelle Charts verschiedenster Länder sowie Zusammenstellungen mit kompletten Diskographien einer Musikgruppe. Das Netz hat sich so zum größten Musikladen der Welt entwickelt. In der Release-Szene erscheinen häufig auch Musikalben, bevor sie im Handel erworben werden können. Nicht selten sahen sich Künstler oder Plattenfirmen deshalb gezwungen, eine Veröffentlichung zu verschieben.
Die Supplier der Release-Szene, die für ein solch frühes Release verantwortlich sind, besetzen die verschiedensten Positionen innerhalb der Musikindustrie. Sie arbeiten für Plattenfirmen oder in Tonstudios. Auch als Mitarbeiter von Radiosendern oder Musikzeitschriften können sie noch vor der Veröffentlichung an neue CDs gelangen. So releaste die Szene 2005 zum Beispiel auch X&Y, das neue Album der britischen Band Coldplay. Dabei hatte die Plattenfirma EMI mit allen Mitteln versucht, die illegale Verbreitung zu verhindern. Die Rezensionsexemplare des Albums waren absichtlich unter dem falschen Namen Fir Trees verteilt worden. Nur ausgewählte Journalisten hatten diese Vorab-CD erhalten, die sie zudem persönlich entgegennehmen mussten. Darüber hinaus hatten sie eine Erklärung unterzeichnet, die CD nicht weiterzugeben. Dennoch erschien das Album als Schwarzkopie vollständig und mit korrektem Titel eine Woche bevor es in den Handel kam.
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