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Unter den verschiedenen Funktionen, die in der Szene übernommen werden können, bringt die aktive Mitgliedschaft in einer Release Group das höchste Ansehen.
Die Größe einer Gruppe kann stark variieren. Es gibt sehr kleine Gruppen mit lediglich einer Handvoll Releasern bis hin zu großen Release Groups mit Dutzenden Mitgliedern. „Die Zusammensetzung der Szene ist sehr gemischt“, erzählt beneaththecobweb, führendes Mitglied in mehreren Release Groups. „Ich habe Leute gesehen, die 14 Jahre jung waren, und welche, die 62 Jahre alt waren. Wenn ich einen Durchschnitt benennen müsste, würde ich sagen 21. Größtenteils männlich.“
Mitglieder Weltweit
Die Mitglieder der Release-Szene sind über die ganze Welt verteilt. Die meisten sind sich persönlich nie begegnet, dennoch bezeichnen sie sich untereinander als enge Freunde. Um trotz der räumlichen Entfernungen und des fehlenden persönlichen Kontakts effektiv im Team arbeiten zu können, ist gute Organisation erforderlich. Vor allem eine strikte Hierarchie ist unerlässlich, damit die Releases schnellstmöglich veröffentlicht werden können. Nur wenn klar ist, wer bestimmte Entscheidungen treffen darf, und nur wenn diese dann auch von den Mitgliedern befolgt werden, kann sich eine Release Group im Wettkampf mit den Konkurrenten behaupten. Innerhalb der Hierarchie einer Gruppe haben die einzelnen Mitglieder feste Aufgabenbereiche, denn der Release eines neuen Titels muss ohne jede Verzögerung erfolgen. Ständig wähnen die Gruppen einen Verfolger im Nacken, der irgendwo auf der Welt zur gleichen Zeit wie sie versucht, „ihr“ Release zu veröffentlichen. Um die anderen Gruppen in der Geschwindigkeit zu übertreffen, arbeiten Release Groups wie gut geölte Maschinen. Jedes Mitglied funktioniert wie ein Rädchen im Getriebe der Gruppe und weiß, welche Aufgabe es zu welchem Zeitpunkt zu erledigen hat. Jede Position ist mit Experten des jeweiligen Gebiets besetzt.
Größe der Cracker-Gruppen
Je nach Größe der Gruppen und abhängig davon, ob sie eher Software, Filme oder Musik releasen, unterscheiden sich die Organisationsformen der Release Groups leicht voneinander. Die Hierarchie ist ähnlich gegliedert wie die eines Wirtschaftsunternehmens. Der Organisator einer Release Group ist der sogenannte Leader. Wie der Geschäftsführer eines Unternehmens trifft er alle wichtigen Entscheidungen. Er teilt die Aufgabenbereiche der einzelnen Mitglieder (Member) ein und kann über Aufnahme (Join) sowie Ablehnung (Kick) von Bewerbern und Mitgliedern bestimmen. In größeren Gruppen teilen sich oft mehrere Mitglieder diese Führungsposition. Unterstützt wird der Leader von mehreren Council Members, die die tägliche Arbeit in den vrschiedenen Bereichen koordinieren. Ihnen untergeordnet sind die Senior Members und die Members der Release Group, die weniger koordinierende Aufgaben übernehmen. Sie sind vielmehr für das konkrete Erstellen eines Releases zuständig. In einer Gruppe können sich die Mitglieder hocharbeiten und Karriere machen. Abhängig von ihren Fähigkeiten, ihrer Erfahrung und der Qualität ihrer Arbeit können sie vom einfachen Mitglied bis zum Leader einer Release Group aufsteigen.
Funktionen in einer Release Group
Am Anfang eines jeden Releases steht der Supplier. Er ist derjenige, der das Original des Titels beschafft, das als Kopie veröffentlicht werden soll. Diese Position ist für die Gruppen von enormer Bedeutung. Der Status einer Release Group innerhalb der Szene hängt davon ab, wie aktuell ihre Warez sind und welchen Bekanntheitsgrad die Titel haben. Ein guter Supplier kann einen langerwarteten Kinofilm oder die neue Version eines bekannten Softwareprogramms schon vor dem offiziellen Verkaufstermin beschaffen. Fehlt einer Release Group eine solche Quelle, muss sie sich mit zweitklassigen Releases zufriedengeben. Ihre Warez sind dann eher unbekannte Titel und bereits im Handel erhältlich. Supplier müssen daher Insider bei der Produktion der Originale sein. Zumeist arbeiten sie in Unternehmen wie CD- oder DVD-Presswerken, Film- oder Computerfirmen oder Zeitschriftenverlagen. Dort versuchen sie, unbemerkt eine Kopie eines neuen Titels anzufertigen oder noch während der Produktion zu entwenden. Ähnlich wie Geheimagenten gehen sie nur vordergründig ihrer täglichen Arbeit nach. Die Kollegen ahnen gewöhnlich nicht, dass sie insgeheim dafür sorgen, dass alle neuen Werke ihres Arbeitgebers in die Hände der Warez-Szene gelangen. Nicht zu Unrecht versuchen sich daher Unternehmen so gut wie möglich gegen undichte Stellen zu schützen. Aufgrund der vielen Distributionsstellen, die ein Produkt vor Veröffentlichung durchläuft, ist eine absolute Kontrolle jedoch schwierig. Ein Supplier agiert in der Regel sehr vorsichtig, um nicht aufzufallen.
Einen Cracker haben nur noch diejenigen Release Groups in ihren Reihen, die sich dem Releasen von Softwaretiteln widmen. Mit Hilfe der außergewöhnlichen Fähigkeiten des Crackers kann der Kopierschutz eines Spiels oder Anwendungsprogramms in kürzester Zeit entfernt werden.
Release Groups, die sich auf Filme und Musik spezialisiert haben, benötigen hingegen einen Ripper. Dieser wandelt einen Film oder ein Musikalbum in ein Format um, welches übers Internet verbreitet werden kann. Da die Daten auf CDs und DVDs im Rohzustand viel Platz einnehmen, versuchen die Ripper, die Originale zu komprimieren, also den benötigten Speicherplatz zu verringern. Ihre Kunst besteht darin, eine möglichst kleine Kopie zu erstellen, ohne dass die Qualität des Releases darunter leidet. Ripper sind zum Beispiel Experten darin, einen Kinofilm auf die Dateigröße einer herkömmlichen CD zu komprimieren.
Größere Releases werden später in kleinere Datenpakete aufgeteilt. Das ist die Aufgabe des Packagers. Eine CD wird von ihm in ungefähr 50 einzelne Dateien zerlegt, die sich ein Szenemitglied später herunterlädt und mit Hilfe eines Programms wieder zusammensetzt. Dieses Splitten von Dateien hat den Vorteil, dass bei Übertragungsfehlern im Internet immer nur die fehlerhafte Datei und nicht das komplette Release neu übertragen werden muss. Es passiert oft, dass eine Übertragung aus diversen Gründen ungewollt abbricht. In diesem Fall muss nur die entsprechende Datei erneut übertragen werden. Die meisten Warez, die ihren Weg zum Gelegenheitskopierer gefunden haben, sind bereits zusammengesetzt worden und haben die Verbreitungswege der Szene längst verlassen. Die Warez, die in der Szene in Umlauf sind, bestehen dagegen tatsächlich meist aus vielen kleinen Split-Dateien.
Die Tester einer Release Group sind für die Qualitätskontrolle der Warez zuständig. Sie überprüfen, ob sich das soeben gecrackte Spiel auch wirklich ausführen oder ein frisch gerippter Film tatsächlich abspielen lässt.
Bevor das Release herausgegeben wird, erstellt ein Mitglied der Release Group noch das sogenannte NFO. Dies ist im Grunde nichts anderes als eine kleine Textdatei, die vor allem als Werbefläche für die Verbreitung des Namens der Gruppe dient. Die NFOs werden zur Eigenwerbung benutzt und tragen maßgeblich zur Vermehrung des Ruhmes einer Release Group und ihrer Mitglieder bei.
NFO-Files
Geschmückt sind die NFO-Dateien in der Regel mit dem Logo der Gruppe, Bildern und Verzierungen. Sie enthalten zum einen Informationen über das Release: Meist wird eine Anleitung zur Installation des Cracks oder, falls notwendig, die Seriennummer der Software beigefügt. Zum anderen versuchen die meisten Release Groups mit markigen Sprüchen und einem in der Regel überheblichen Tonfall ihren Status in der Szene zu unterstreichen. Es ist üblich, dass befreundete Gruppen gegrüßt und verfeindete beschimpft werden. Darüber hinaus sind die NFOs eine Plattform, um neue Mitglieder anzuwerben. Wie bei Stellenanzeigen in der Zeitung werden dort zum Beispiel Supplier oder Cracker gesucht. Die Möglichkeit zum Kontaktieren der Release Group wird in der Regel in Form einer anonymen E-Mail-Adresse gegeben.
Nachdem sie alle erforderlichen Arbeitsschritte durchlaufen hat, ist eine Schwarzkopie bereit zur Veröffentlichung. Das Verbreiten auf die FTP-Server übernehmen nunmehr die Courier.
Daneben gibt es je nach Release Group weitere Aufgaben. Einige Mitglieder sind für das einwandfreie Funktionieren des Gruppenservers zuständig oder koordinieren die Kommunikation in internen Chatrooms. Oft haben Gruppen sogar einen eigenen Sicherheitsbeauftragten, der die Aufgabe hat, die Verschlüsselung der Server und Chatrooms sicherzustellen, um ein mögliches Eindringen von außen zu verhindern.
Es gibt sogar Sponsoren der Szene, die Gruppen mit technischem Equipment ausrüsten. Oft handelt es sich bei diesen Hardware Suppliern (auch Donators genannt) um ehemalige Szenemitglieder, die mittlerweile im Berufsleben stehen. Ihnen fehlt häufig die Zeit, sich aktiv an der Szene zu beteiligen. Sie fühlen sich ihr jedoch aufgrund langer Mitgliedschaft immer noch eng verbunden und verfügen über bessere finanzielle Mittel als viele der jungen Szenemitglieder. Üblich sind Spenden von neuer Technik für FTP-Server. Im Gegenzug bleiben ihnen der Zugang zu den Topsites und die gewohnten Privilegien in der Szene erhalten.
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