von Bill aus lebenUSA | Alle Beiträge von Bill
Viele Kulturen beziehungsweise Länder behaupten, die Deutschen seien aggressiv und unfreundlich. Wenn man das als Deutscher hört, gefällt das einem gar nicht. Wenn Kulturen zusammenprallen bezeichnet man das daher oft Culture Clash.
In diesem Beitrag betrachte ich die Deutschen mal mit der amerikanischen Brille. Denn, bei der Frage, was die Amerikaner so von den Deutschen denken hört man neben den vielen positiven Sachen wie Pünktlichkeit und Präzision aber sehr oft auch: Die Deutschen sind „rude“ — also unfreundlich oder unverschämt.
Warum ist das eigentlich so? Sind Deutsche wirklich aggressiv und merken das nicht?
Amerikaner haben verschiedenen Formen von Aggressivität im alltäglichen Sprachgebrauch.
Hier einige Beispiele: Rage, Road Rage, Passive Aggressiveness, Anger, Hangry, Hostility, Bullying und viele mehr.
In diesem Sinne ist auch die Erwähnung wert, warum oft die Deutschen den falschen Eindruck von den Amerikanern haben, sie seien übertrieben höflich und somit oberflächlich. Das habe ich übrigens auch in meinem Video „Deutsche und Amerikaner: Der Unterschied!“ näher erläutert, siehe Video unten.
Hier erkläre ich anhand der sozialwissenschaftlichen Forschung, warum Deutsche als Kokosnüsse gelten, d. h. außen hart, innen weich, und Amerikaner als Pfirsiche, d. h. außen weich, innen hart.
Ich könnte auch aber in diesem Zusammenhang behaupten, Amerikaner sind nicht freundlich, sondern einfach nur nicht aggressiv.
Denn, wenn man jegliche Aggression aus einem Gespräch rausnimmt, ist das, was übrigbleibt, dann nicht freundlich?
Demnach, ist alles was nicht freundlich ist, letztlich aggressiv?
Fängt das Grübeln so langsam an, kommt eventuell leichte Verwirrung auf? Dann sind wir auf der richtigen Spur. Und ich habe direkt einige Beispiele für euch:
Aggressives Verhalten am Beispiel des Fahrradwegs
Fußgänger gehen auf dem Fahrradweg, unachtsam und gänzlich ignorant. Du als Fahrradfahrer kommst entgegen und sagst denen mal angenommen mit normaler Stimme: „Das ist kein Fahrradweg… hallo!“
Nun, für den Deutschen ist das nicht unbedingt aggressiv, vor nicht, wenn es in einem freundlichen Ton gesagt wird.
Für den Amerikaner wirkt das jedoch oft sehr aggressiv von dem Fahrradfahrer.
Aus der Sicht des Deutschen ist das nämlich ein Hinweis auf ein Fehlerverhalten. Es geht um Belehrung nach dem Motto „man muss den Menschen die Ordnung beibringen“. Oder die einfachste Erklärung: „Ich bin im Recht, meine Aussage unterstreicht meine Rechte. Außerdem wurde es ja auch freundlich und nett gesagt.“
Setzen wir aber mal die amerikanische Brille auf und gehen der Sache auf den Grund.
Es ist ein Vorwurf. Es ist eine Anmaßung: Du nimmst sozusagen die Rolle einer Autorität an, die bestimmt, was Recht und was falsch ist; du spielst also quasi Polizei. Damit bist du also eine falsche Autorität und für den Amerikaner somit auch ein Wichtigtuer.
Das kommt daher, dass in den USA „Common Sense“ sehr wichtig ist, also Menschenverstand. Und nicht, was zwangsläufig im Gesetzbuch steht. Zum Beispiel, wenn jemand auf dem Radweg steht, und du kannst vorbeifahren, dann gibt es für den Amerikaner keinen Grund die Sache als Problem zu betrachten.
Und deswegen, würde man hier: „Das ist kein Fahrradweg… hallo!“ oft gar nicht mehr inhaltlich betrachten. Wenn du das hier in den USA sagst, wird man etwas anderes verstehen verstehen, nämlich: „Ihr seid Idioten“.
Im Arbeitsleben in den USA wird beispielsweise überall versucht zu vermieden, aggressiv zu sein. Dabei unterscheidet der Amerikaner zwischen der direkten Aggressivität und
„Passive Aggressiveness“. Beides sind hier übrigens auch oft ein Grund den Job zu verlieren.
Wenn du aggressiv bist, egal ob im Recht oder nicht, kann das dazu führen, dass du deinen Job verlierst. Und auch hier: Der Amerikaner hat ein anderes Verständnis von Aggressivität — anders als das, was Deutsche darunter verstehen.
Unten in diesem Beitrag erzähle ich auch, wie ich in den USA ins Fettnäpfchen im Unternehmen mit einer Mitarbeiterin getreten bin, als ich noch relativ neu in der amerikanischen Arbeitswelt war.
Vorher jedoch noch ein Beispiel:
Beispiel eines aggressiven Verhaltens im Unternehmen
Wenn du in den USA einem Mitarbeiter sagst, der dir zum Beispiel unterstellt ist: „Das hast du nicht richtig gemacht“, gilt das auch unter aggressives Verhalten.
Nehmen wir uns dem Beispiel an aus aus amerikanischer Sicht: Du in diesem Fall einen Vorwurf gemacht. Und jemanden einen Vorwurf zu machen gilt in den USA als aggressiv. Noch schlimmer, du warst „Hostile“, also bedrohend. Das heißt, du hast einen Grund geliefert Angst vor dir zu haben. Der Mitarbeiter kann das in seiner Beschwerde überspitzt sogar so formulieren: „Ich habe große Ängste gehabt, gezittert und geweint“.
Und deswegen sollte in einem normalen Arbeitsverhältnis hier in den USA niemand zu dir sagen: „Das hast du nicht richtig gemacht“. Das habe ich auch noch nie von Amerikanern in einem gesunden Unternehmensumfeld so mitbekommen.
Aus deutscher Sicht kommt uns das sehr seltsam vor. Als Deutscher stellen wir uns bei diesem Beispiel eher die Frage: „Ja, wie sage ich dem Mitarbeiter denn, dass er etwas falsch gemacht hat?“.
Und so läuft das in den USA ab: Du sagst jemandem, der die Arbeit falsch gemacht hat so etwas wie: „Erst mal, vielen Dank für die Arbeit und Mühe, die du dir gemacht hast. Ich möchte dir dabei helfen mehr in Übereinstimmung mit unseren Qualitätsansprüchen zu stehen und habe einige Vorschläge für dich, wenn es okay ist.“
Auf diese Weise der Mitarbeiter sofort, dass er oder sie etwas falsch gemacht. Die Message ist genau die gleiche. Aber sie ist nicht mehr aggressiv.
Du stellst also erstmal das Positive in den Vordergrund. Denn, ob der Mitarbeiter das falsch oder richtig gemacht hat spielt eigentlich keine wirkliche Rolle, solange der Mitarbeiter sich ja Mühe gegeben hat. Dafür bedankst du dich in den USA erstmal. Somit signalisierst du auch, dass du wohlgesinnt und somit keine Bedrohung bist.
Dann sagst du, dass du gerne helfen möchtest den Qualitätsansprüchen des Unternehmens zu genügen. Somit weiß der Mitarbeiter bereits, er oder sie hat was falsch gemacht. Bittest aber in diesem Zuge auch deine Unterstützung an.
Welche Philosophie steckt hinter diesem Verhalten?
Wenn du dem Mitarbeiter nicht helfen möchtest sich zu verbessern oder die Chance geben willst den Fehler zu korrigieren, dann kann man sich Gespräch ja von vornerein sparen. Wer will schon mit einem Mitarbeiter sprechen, nur um zu sagen, dass er oder sie etwas falsch gemacht hat. Aus dem Gedanken der Effizient, bringt das ja erst mal nichts, außer das Ziel ist es den Mitarbeiter zu demotivieren.
In dem Beispiel oben fragt man auch den Mitarbeiter, ob er oder sie damit einverstanden ist. Damit der Mitarbeiter sich nicht bedrängt fühlt etwas machen zu müssen im Sinne von Nötigung. Daher immer: „Ist das okay für dich?“
Wenn du dem Mitarbeiter feuern willst, musst du ja nicht sagen, dass er was falsch gemacht hat. Wenn du den Mitarbeiter nicht verbessern willst, der keine zweite Chance bekommt, könntest du ihn ja dann auch direkt entlassen.
Das waren also Beispiele von direkter Aggressivität. Dinge, die man hier nie tun sollte. Und jetzt versteht ihr auch, warum — jemanden zu sagen „Das ist ein Fahrradweg, hallo!“ als aggressiv gilt.
Wie macht man das in den USA richtig? Du sagst „Excuse me“ und nachdem die Platz gemacht haben bedankst du dich mit „Thank you“.
Passive Aggressivität in den USA
Wenn du jetzt schon dir als Deutscher auf den Kopf schlägst, in den USA gibt es noch etwas, das nennt sich „Passive Aggressiveness“.
Zum Beispiel, wenn du jemandem antwortest: „Ich verstehe kein Wort was du sagst“ oder „Ich dachte, du wusstest das“ oder „Warum bist du sauer?“ — gilt das als aggressiv, weil du im Grunde damit ausdrückst: „Du erzählst Müll und bist ein Idiot.“.
Am Beispiel, „Ich dachte, du wusstest das“, wir der Amerikaner verstehen: „Du hast nicht richtig zugehört oder du bist zu blöd“.
Andere Beispiele für passive Aggressivität aus amerikanischer Sicht sind auch Kommentare wie „Warum bist du sauer?“. Denn damit wirfst du jemandem vor „sauer“ zu sein und das kann als Versuch verstanden werden jemanden ein Fehlverhalten unterzujubeln, um absichtlich der Reputation dieser Person zu schaden — ganz nach dem Motto: „du regst dich immer sinnlos über Unwichtigkeiten auf“ oder „du tickst nicht ganz richtig. Und das alles kann der Amerikaner verstehen, wenn du ihn fragst „Warum bist du sauer?“. Die Antwort kann ebenfalls rabiat ausfallen, wie beispielsweise „Bitte lass mich in Ruhe“ und schließlich in einer Beschwerde.
Passiv-Aggressives Verhalten im Büro
In meinem Fall hatte jemand mal im Büro auf die Spülmaschine geschrieben: „Die Spülmaschine ist kaputt — Deckel nicht aufmachen!“ Die wurde von der HR zum Gespräch gebeten und darauf aufmerksam gemacht, dass das Schild „Passive Aggressive“ sei.
Warum Passive Aggressive? Weil es Imperativ war: Also imperative und autoritäre Anmache etwas gefälligst seinzulassen.
Später stand dort geschrieben: „Unsere Spülmaschine hat leider den Geist aufgegeben — wer den Deckel versucht zu öffnen, den erwartet leider kein schöner Anblick. die Reparaturtruppe ist schon im Anmarsch. Danke für euer Verständnis und SORRY!“
Stattdessen wurde nun also Humor eingebaut und das ehemalige Schriftstück „Deckel nicht öffnen“ wurde ersetzt, so dass es nicht imperativ und autoritär klingt.
Hier in den USA kommt es nicht darauf an, was gesagt wird — sondern wie es ankommt.
Und jetzt versteht ihr auch, warum unser Verhalten für den Amerikaner oft als aggressiv gilt — oft ohne, dass wir das sogar als Deutsche merken!
Übrigens, USA ist nicht die einzige Kultur mit solchen Merkmalen. Für alle Kulturen erscheinen wir sehr aggressiv, die auch so ähnliche Verständnisweisen und Blickwinkel haben bezüglich Aggressivität. Und in unserer deutschen Kultur nehmen wir das nicht so auf, weil wir das gewohnt sind.
Der Begriff „Passive Aggressiveness“ in den USA
Ich habe erstmals in den USA gelernt, was passive Aggressivität ist. In Deutschland kannte ich das damals nicht. Dass ein Zettel im Kühlschrank „Bitte nicht benutzen“ schon als passive Aggressivität gelten kann, hätte ich nie gedacht.
Auch das Mitbringen einer eigenen Mikrowelle oder Kaffeemaschine kann als als passive Aggressivität in den USA gelten. Das kann hier so aufgenommen werden: „Ihr könnt die Mikrowelle oder Kaffeemaschine nicht bedienen und sauber halten — ich habe deswegen meine eigene, die nur mir gehört“.
Oder du bringst deinen eigenen Stuhl ins Büro und schreibst deinen Namen plakativ darauf. Auch das ist passive Aggressivität, weil du allen plakativ und ständig vorwirfst, dass die Diebe sind und deinen Stuhl sonst klauen würden, und zwar jedes Mal, wenn sie an deinem Stuhl vorbeilaufen.
Es gibt viele Mitarbeiter hier, die ihre eigenen Sachen mitbringen, die schreiben aber nicht ihre Namen drauf. Es ist auch nicht üblich, dass Mitarbeiter Sachen von anderen wegnehmen. UNd selbst wenn, wird das hier in den USA nicht als Problem betrachtet.
Sitzt jemand auf deinem Stuhl, sagst du höflich: „Mein Stuhl ist klasse, oder? Viel gemütlicher als diese anderen Bürostühle“. Oft kann man dann eine Gegenreaktion erwarten, die so klingt wie in etwa: „Oh, ist das dein Stuhl, sorry, habe ich nicht gewusst“. Und du kannst dann daraufhin locker antworten wie beispielsweise: „Gar kein Ding, kannst du gerne jederzeit benutzen“. Dann redet man kurz darüber, wo du den Stuhl gekauft hast und was der gekostet hat. Man hat ein wenig Small Talk darüber, dass auch der andere mit dem Gedanken gespielt hat einen Stuhl selbst zu kaufen. Und auf diese positive Art und Weise bekommst du deinen Stuhl wieder.
Ins Fettnäpfchen in den USA getreten
Habe eine Mitarbeiterin gehabt, die hat, trotz nach mehrmaligen Anweisungen eine neue Spalte in die Tabelle einzuführen, das einfach nicht gemacht hat. Schließlich habe ihr gesagt: „Also, wenn du das nächste mal die Spalte da nicht einfügst, dann haben wir ein Problem“.
Da war ich noch relativ neu in den USA und das war einer meiner ersten Vollzeitstellen in einem amerikanischen Großraumbüro.
Für mich war das Ausdruck einer notwendigen Intensität einer Arbeitsanweisung Nachdruck zu verleihen. Doch das war typischer deutscher Fehler.
Sie hat sich dann beschwert, dass ich mich bedrohend und aggressiv verhalten habe. Ich war sehr verwirrt. Schließlich ich mit vier Vorgesetzten im Büro und alle haben mich geschockt angestarrt. Ich entsinne mich daran, dass die Vorgesetzte zu mir sagte: „You didn’t really say that?“. Der andere hatte dazu entgegnet „Oh my God!“.
Ich hatte damals die Welt nicht verstanden. Zunächst habe ich mich gefragt ob „or we will have a problem“ ein Synonym für „ich werde dich umnieten“ sei. Doch so war es nicht.
Heute nach vielen vielen Jahren weiß ich“. Allein schon das Wort „Problem“ ist ein Ausdruck eines Desasters. Du sagst in den USA nicht solche Sachen wie „Wir haben ein Problem“. Wenn man das hier so sagst, dann rasen die Herzen. Ein harmloser Satz für mich, Anlass für hohe Emotionen für Amerikaner.
In dem Fal oben mit meinem einfachen Ausdruck “ dann haben wir ein Problem“, habe ich ihr Konsequenzen angedroht, sie bedrängt, mich selbst für wichtig genommen, sie angemahnt, Angst geschürt, und sie als Inkompetent und dumm dargestellt.
Nur als Info zum Schluss: Im Endeffekt hatte das ganze keine Konsequenzen für mich, da die Mitarbeiterin auch sonst negativ im Unternehmen aufgefallen war als jemand, die ihre Arbeit insgesamt nicht sorgfältig durchführt. Aber das Krisengespräch mit mir musste ich trotzdem erst mal überleben.
Kanntet ihr den Begriff? Habt ihr auch in anderen Ländern ähnliche Erfahrungen gemacht? Schreibt gerne in den Kommentaren unten.
Fragen und Antworten zur passiven Aggressivität
Aggressivität im Militär
Interessanterweise habe ich in meinen Kommentaren im Video von vielen Zuschauern folgende Anmerkungen gesehen: Sie sehen einen Widerspruch gegenüber dem Verhalten im U.S.-Militär. Oft wurde der Film „Full Metal Jacket“ hinzugezogen, wo sich im Basic Training der Drill-Seargant Hartmann nicht sehr freundlich gegenüber den jungen Rekruten verhält.
Da ich selbst Soldat war, möchte ich dazu folgendes anmerken: Unabhängig von Land und Kultur ist das Grundkonzept des Militärs kontrollierte Aggressivität Soldaten beizubringen. Hierbei geht es um das psychologische Konzept emotionale-intelligenz anzuwenden: Aggressiv-emotional, jedoch gleichzeitig professionell, geplant und gezielt. Aggressivität ist also ein wesentlicher Bestandteil des Militärs. Ohne Aggressivität kann kein Militär ihre Funktion erfüllen. Freundlichkeit wäre also entsprechend relativ fehl am Platze. Hierzu muss man auch sich erneut vor Augen führen, welche Aufgaben von Soldaten in Krisenfällen erwartet wird.
Das Militär ist keine zivile Organisation. Die üblichen kulturellen Umgebungsvariablen, in denen wir im zivilen Leben aufgewachsen sind werden vor allem im Basic Training (Grundausbildung) ausgeblendet. Das Ziel ist es die Soldaten aus dieser zivilen Lebensumgebung rauszuholen und sie in eine neue Welt eintauchen zu lassen.
Im Militär gelten zudem andere Verhaltensregeln als im zivilen Leben. So wird unter anderem das bekannte soziale Gefüge aus der zivilen Welt mit einer strikten und komplett standardisierten Hierarchie ersetzt. Dieses Muster des Militärs findet man übrigens nicht nur in den USA, sondern in allen Militärorganisationen auf der gesamten Welt.
Kurzum: Das Militär und die zivile Umgebung sind zwei verschiedene Welten. Wir können also das Militär nicht mit dem sozialen Gefüge der zivilen Welt vergleichen.
Zum Thema „Passive-Aggressivität“ in Deutschland möchte ich meinen Kommentar abgeben.
Ich bin Jahrgang 1963 in Bayern geboren /aufgewachsen. Ich mag die bayrische, gemütlich ruhige aber manchmal auch derbe und direkte Art. Durch die Erziehung einer sehr preussischen Mutter (Vertriebene aus Schlesien) wurden mir auch die sprichwörtlichen preussischen Tugenden wie Ehrlichkeit, Pflichtbewusstsein und Zuverlässigkeit anerzogen.
In der deutschen Kultur ist man immer schon sehr direkt (man muss nur Klassiker der deutschen Literatur lesen wo das deutlich zum Vorschein kommt).
Umständliche Floskeln und langes Drumherum-Reden verändert dieses „typisch“ deutsche Verhalten jetzt durch die jüngere (teils internationale) Generation, die in Deutschland arbeitet und lebt. Ich gebe zu, dass ich auf runtergeleierte Floskeln wie „Hallo“ „einen schönen Tag noch“ oder dem für mich sehr kumpelhaften „Ciao“ als Gruß, nur noch mit einem Kopfnicken reagiere. Ein ehrliches „Danke und Auf Wiedersehen“ an der Supermarkt-Kasse finde ich respektvoller und es klingt auch ehrlicher.
Was das Beispiel mit dem Erziehungsversuch auf dem Fahrradweg angeht so finde ich es durchaus angebracht jemanden darauf hin zu weisen, wenn er gegen die geltenden Regeln verstösst. Und wer Anstand hat, erkennt seinen Fehler und entschuldigt sich dafür anstatt den Beleidigten zu spielen oder sogar aggressiv zu reagieren.
Ich persönlich habe mir schon seit längerem angewöhnt mit dem Wort „Entschuldigung“ andere Leute darauf aufmerksam zu machen, dass ich z.B. im Supermarkt an ihnen mit dem Einkaufswagen vorbei fahren möchte oder um mich aus anderen Gründen bei unaufmerksamen Menschen bemerkbar zu machen.
Oftmals ernte ich für diese „Freundlichkeit“ bei den Deutschen nur unveständliche Blicke und manche sehen mich mit erstauntem Gesicht an und sagen „Ja ?!?“. Vermutlich denken sie, dass ich sie etwas fragen möchte und sie daher mit „Entschuldigung“ anspreche (wie es in Deutschland der Brauch ist). Ein lautes „Kann ich bitte mal vorbei“ ist für viele Deutsche daher sehr viel eher verständlich und wird eher akzeptiert, obwohl es eigentlich sehr unfreundlich klingt.
Was das Benutzen von Dingen anderer Leute (z.B. Bürostuhl usw.) betrifft so werden gebildete Deutsche sofort aufstehen, wenn der eigentlich „Stuhlbenutzer“ kommt, und sich dafür entschuldigen. Leute mit Humor werden die Angelegenheit auch mit einem versöhnlichen lustigen Satz „entschärfen“. So habe ich das zumindest immer erlebt.
Um es kurz zu machen: Die deutsche Mentalität ist eher direkt, offen aber meist ehrlich. Das zunehmend aggressive Verhalten in unserem Land hat andere Gründe, die ich hier nicht erläutern möchte. Ich halte es daher mit dem berühmten Ausspruch von Konrad Adenauer: „Nehmen sie die Menschen wie sie sind – andere gibt es nicht“.