Papierlos leben
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Papierlos leben: Ist USA 20 Jahre Deutschland voraus?

Selbst Toilettenpapier wollen Amerikaner nicht mehr

Deutsche als Umweltbewusste und teilweise auch große Kritiker von den USA. Aber in Sachen Papier, da sieht es anders aus. Denn in den USA gibt es im Grunde fast gar kein Papier mehr.

Wenn man Klopapier digitalisieren könnte, würde in Amerika auch dort im Grunde nur noch ein Bildschirm stehen.

Klingt witzig, aber ihr werdet es kaum glauben, viele Amerikaner sind der Meinung, Klopapier sei nicht zeitgemäß.

In diesem Beitrag gebe ich euch einige spannende Einblicke in die mittlerweile fast komplett papierlose Welt von Amerika — und auch, was es mit der Kritik an Klopapier auf sich hat.

Notare

Schon seit Jahrzehnten gibt es hier Online-Notare. Solche Notarbüros wie in Deutschland, wo auf einem sterilen weißen Schild Notar Dr. Schlimmerwisser steht, habe ich noch nicht gesehen.

Notarangelegenheiten kann aber auch in Kiosks erledigen. Oder bei der Hausbank. Dort gibt es Mitarbeiter, die auch gleichzeitig Notare sind — man marschiert rein, sagt, dass man gerne etwas notariell beurkundet haben möchte. Ein Mitarbeiter kommt, stempelt es kostenlos ab. Das ist ein Service der Bank.

Aber grundsätzlich reich es auch, wenn die Parteien einfach online erscheinen. Wäre auch ziemlich kostspielig, wenn einer aus New York ist, der andere aus Kalifornien, und man muss dann gemeinsam zum Notar. Die Strecke ist fast genauso lang wie von Berlin nach China oder von Köln nach Nigeria. Der Flug kostet so viel von Frankfurt nach Abu Dabi.

Lohnbescheid

Ich habe noch nie einen Lohnbescheid in den USA auf Papier ausgedruckt gesehen. Bei kleineren Unternehmen bekommt man PDFs per Email. Bei Unternehmen schon ab 3 Mitarbeitern loggt man sich in sein Lohnportal ein. Dort sieht man dann den monatlichen Lohn.

Aber auch, wie viel davon in die Rente geht, wenn man eine hat, Sozialversicherungen, Arbeitslosenversicherung etc. — schön grafisch aufbereitet. Man kann seine Adresse dort ändern, oder den Steuersatz oder Rentensumme dort anpassen.

Aber auch, wie viel Urlaub man hat, wann gemacht hat. Lohnziele, die man mit dem Arbeitgeber vereinbart hat, wie oft man krank war. Auch wenn man Fragen zu einem Lohn hat, schreibt man über dieses Portal und bekommt dann eine Antwort. Löhne werden hier von externen Dienstleister online gehandhabt.

Rechnungen

Ich habe, seit ich hier lebe, kaum eine Rechnung per Post erhalten. Alles ist in den Portalen hinterlegt — zum Beispiel Gas, Strom, Autoversicherung, Haftpflichtversicherung. Ich logge mich ein und kann die PDFs runterladen. Das einzige, was ich in meiner Hauspost bekomme ist im Grunde Werbung. Eigentlich ist die Hauspost hier selten relevant.

Quittungen bei Einkaufsläden

Ich habe noch nie einen Laden oder Kiosk in den letzten 20 Jahren hier in den USA gesehen, das keine Kreditkartenzahlung oder Bankkarte akzeptiere hätte. Man zahlt in den USA entweder mit Kreditkarte — aber auch mit Bankkarte (Debit heißt das hier). Cash geht natürlich weiterhin auch.

Früher hatte ich in meinem Portemonnaie immer so ein Notall-20-Dollar versteckt. Wer Geld mit sich trägt, da scherzt man, ob er gleich in einen dieser Clubs geht, um sie auf die leichtbekleideten Damen zu stecken. Ansonsten macht es hier wirklich keinen Sinn, Bargeld zu haben.

Wenn man dann zahlt, fragt das System, an welche Email man die Quittung soll oder an welche Nummer per SMS. Selbst bei Food-Trucks — Maisverkäufer auf der Straße — überall wird Kreditkarte akzeptiert.

Verträge

Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte mal einen Vertrag auf Papier unterschrieben habe. Das läuft hier über Online-Portale, wie DocuSign, Adobe Sign, und viele andere Portale. Immer mehr halten hier mittlerweile einem ein Tablet in die Hand, wo man unter mit dem Finger unterschreibt und sich den Vertrag per Email zuschickt.

Health Care

Alles, was die Gesundheit angeht ist digital.

Wenn meine Blutergebnisse vorliegen, bekomme ich eine Email-Benachrichtigung. Dann logge ich mich in meine Krankenkasse sehe die Ergebnisse.

Ärztliches Rezept auf Papier gibt es hier ebenfalls nicht — ich hab das letzte mal in den USA vor ca. 20 Jahren ein Rezept in der Hand gehalten — ich meine 1997 oder so.

Der Arzt fragt hier, bei welche Apotheke ich mein Rezept abholen möchte und vermittelt es dahin digital. Nach ungefähr 20 Minuten bekomme ich von der Apotheke eine Text Message, dass mein Medikament vorliegt.

Beim Abholschalter zeige ich mein Personalausweis, und die händigen mir dann meine Pillen den diesen amerikanischen Pillenboxen aus — wo mein Name, der Arzt, und die Pillenfarbe und Kennziffer drauf steht.

Wenn ich noch mehr brauche, schreibe ich dem Arzt eine Nachricht über mein Krankenkassen-Login online. Der schickt dann eine Email, dass mein Rezept erneuert hat und wieder bekomme ich eine SMS — das nennt sich hier Refill.

Oft bekomme ich, kurz vor dem Ablauf meines Medikaments eine Text Message von der Apotheke. Dort steht, ob die vom Arzt ein Refill für mich beantragen sollen. „Anworten Sie mit YES or NO“. Dann wieder steht das Medikament zur Verfügung. Oder die Krankenschwester ruft mich an und bittet mich, zur Nachuntersuchung reinzukommen.

Alle meine Arztbesuche und Historien kann ich Online einsehen. Meine gesamte Akte also ist für mich sichtbar. Sowas wie in Deutschland, dass die Ärzte einen Dokumentenordner in der Hand haben, habe ich hier seit 20 Jahren nicht mehr gesehen. Mein Hausarzt in Deutschland hatte so eine Papierakte von mir mit Röntgenaufnahmen von meiner gebrochenen Rippe damals vom Boxen.

Röntgenaufnahmen sind alle komplett online auf dem Bildschirm und der Arzt schaut sich das auch online an. Der kann auch übrigens darauf malen und zeichnen und abspeichern, wenn er auf etwas aufmerksam machen will und schickt mir die Datei.

Auch Termine macht man online. Ich rufe beim Arzt also nie an, das geht auch… aber wozu — ist ja alles im Online-Kalender sichtbar, wann welcher Termin frei ist.

Verträge kündigen

In Deutschland musste ich per Schreiben an ein Unternehmen mit Unterschrift und Briefmarke eine Kündigung schicken.

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit kündige ich meinen Vertrag mit der Nummer sechs-kant-dreimal-vier zum übernächsten Vollmond ge-blaber-die-bums.

Sowas habe ich hier in den USA noch nie erlebt. Alle Unternehmen, sei es Kabelanschluss, Internet, Telefonvertrag, was auch immer… haben Login-Bereiche. Man loggt sich ein, klickt dort auf Vertragskündigung… bei Umzügen gibt es da auch Umzugsservice: Zum Beispiel kann man bestimmen, wann der Vertrag gekündigt werden soll mit einem Mausklick. Klar, anrufen geht auch.

Aber wenn du schon ein Telefon hast, kannst du dich auch einloggen.

Studium

Vor mehr als 20 Jahren habe ich hier in den USA in Berkeley studiert — University of California, Berkeley. Und dort gab es schon damals im gesamten Campus Wifi, alle Studenten hatten Laptops, und Lehrmaterialien gab damals in einem Bereich, der hieß Syllabi — zum Download.

Davor hatte ich in Deutschland studiert, und niemand hatte ein Laptop — wir haben auf Papier geschrieben. Und Internet-Zugang gab es auch nicht. Es gab noch ISDN zu Hause — ich weiß nicht, ob ihr das noch kennt. Smartphones wurden ja damals auch noch nicht erfunden — erst 6 Jahre später. Lehrmaterialien wurden ebenfalls per Papier ausgeteilt, oder wir mussten diese kopieren.

Und zu dieser Zeit hatte Berkeley schon auf dem gesamten Campus Wifi und wie gesagt, saß jeder mit einem Laptop im Hörsaal. Das war vor mehr als 20 Jahren — könnt ihr euch denken, wie die Hochschulen heute in den USA aussehen?

Habe hier in San Diego einen Hörsaal besucht. Die haben dort ein digitales Whiteboard gehabt, die das geschriebene automatisch scannt, was dann online zur Verfügung steht.

Ich hoffe ja nicht, dass in Deutschland man nicht sowas wie Overhead-Projektoren nutzt.

Klopapier

In USA hat irgendwie das Thema Bidet angefangen zu trenden: Toiletten mit Waschspülung. Wenn ihr den Anfang von Deadpool 2 gesehen habt:

Da streiten sich die zwei  Rednecks darüber, dass wenn man Stuhl auf dem Bart hätte nicht einfach mit einem Stück Papier das abwischen würde und weitergeht, aber am Popo nimmt man das so hin. Bis die dann von Josh Brolin getazert werden werden.

Immer mehr Amerikaner denken hier in meinem Freundeskreis über den Kauf eines Bidets oder Washlets nach — Toilette mit Popodusche — weil mittlerweile viele es ekelhaft finden, den Popo nach dem großen Geschäft mit lediglich trockenem Papier abzuwischen. Papierloses Geschäft auf dem Klo.

Die gibt es derweil als Einbau für die herkömmliche Toiletten und kosten meist unter $50. Hier ist ein echter Markt dafür vorhanden.

Dann gibt es diese Washlets — vollautomatische Toilette auch mit Schaum und Popobrause in verschiedenen Modi mit abschließendem Desinfektion-Sprüh — Aufgrund des Gewichts können die erkennen, wer es gerade nutzt und aktivieren dann entsprechend das Programm des Nutzers. Waschprogramm mit starker Duschspritze für Hartgänger, oder leichtes Sprühmodus für softe Popos. In der Werbung steht: Geeignet für jede Größe und Haut: das Popobad für jeden Haushalt.

Dieses Land Leute ist einfach der Zeit voraus. Das ist die Zukunft. Vergisst Tesla und Solar… die Popobrause kommt. Popoaktien Leute!

 

In der Zwischenzeit denken die hier über folgendes nach: Nach dem Urin und Stuhlgang auch per Display auch den Gesundheitszustand auf dem Smartphone einzublenden, von Schwangerschaftstests bis zur Sendung der Ergebnisse an den Hausarzt, falls erwünscht.

Ich sehe schon die Zukunft: In der amerikanischen Version muss man dann erst eine monatliche Subscription mit seiner Toilette abschließen. In der deutschen Version muss man wahrscheinlich erstmal den Datenschutzrichtlinien zustimmen, sonst öffnet sich der Deckel nicht … da kommt dann Cookie-Consent. Entschuldigung. Ich meinte Kaka-Consent!

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