Veröffentlicht auf weblogmarketing.de am VIII.I.MMXIV
Viele Unternehmen haben die Chancen durch Social Media Monitoring noch nicht richtig erkannt. Ein enorm großes Potential an relevanten Informationen für verschiedene Abteilungen von Unternehmen liegt im Grunde kostenfrei im Web zur Verfügung.
Handlungsrelevantes Wissen ist in Social Media vorhanden, es muss nur identifiziert und aufgearbeitet werden. Diese Suche und die resultierenden Möglichkeiten für Unternehmen sollten auch in die strategischen Unternehmensplanungen integriert werden.
Der Gründer des Social-Media-Monitoring-Anbieters infospeed und Chefredakteur des Social Media Magazins, Dr. William Sen, hat aktuell in einem Interview mit Weblogmarketing.de das Thema in den Vordergrund gestellt.
Herr Dr. Sen, bitte stellen Sie sich unseren Lesern kurz vor.
Ich bin der Geschäftsführer der infospeed GmbH, einem der ersten Dienstleister für Social Media Monitoring in Deutschland. Gleichzeitig bin ich auch der Chefredakteur und Herausgeber des Social Media Magazins.
Was sind für Sie die größten Veränderungen, die die sozialen Medien in unser Leben gebracht haben?
Ich möchte diese Frage aus unternehmerischer Sicht beantworten. Social Media hat in Unternehmen enorme Veränderungsprozesse hervorgerufen. Zunächst schienen nur die Bereiche Marketing und PR davon betroffen zu sein. Dann hat man festgestellt, dass auch der Vertrieb in diesem Bereich geschult werden muss. Die Marktforschung war auch von Anfang an involviert, da sie als interner Dienstleister z. B. Ergebnisse über Social Media Research liefern muss. Zuletzt hat man festgestellt, dass alle Abteilungen davon betroffen sind: Beispielsweise kann F&E von Crowdsourcing profitieren, das Controlling muss nun Kennzahlen für die Messung von Social-Media-Kommunikation entwerfen, und das Top-Management sieht nun, dass Social Media mit in die Strategie einbezogen werden muss.
Welche Vorteile hat Social Media in der Unternehmenskommunikation?
Ich kenne kein größeres Unternehmen mehr, das heute noch versucht, mit Vorteilen von Social Media in der Kommunikation zu überzeugen. Die Suche nach dem Vorteil ist bereits vor einigen Jahren abgeschlossen worden. Es geht nunmehr eher darum, Nachteile bzw. Wettbewerbsnachteile zu vermeiden. Die Fragen für den Einsatz einer Social-Media-Kommunikation sind mittlerweile spezifischer geworden. Es sind Fragen wie: „Wie kann ich Social-Media-Kommunikation strategiegerichtet betreiben? Wie kann ich den Erfolg meiner Social-Media-Kommunikation messen?“.
Welche Aspekte sollten Unternehmen bei der Planung ihrer Social-Media-Strategie beachten?
Die wichtigste Grundvoraussetzung eines Social-Media-Einsatzes ist eine gut formulierte Strategie des Unternehmens. Jede Social-Media-Kampagne sollte diese Strategie kennen und ihre Handlungen darauf ausrichten. Hierbei ist auch die Kommunikationsstrategie des Unternehmens besonders hervorzuheben. Ein anderer Aspekt ist, dass eine erfolgreiche Social-Media-Kampagne ein Social Media Research voraussetzt.
Welche sozialen Netzwerke eigenen sich besonders gut für eine gezielte Social-Media-Arbeit bzw. wovon sollten Unternehmen ihre Wahl abhängig machen?
Das hängt immer von den Zielen des Unternehmens ab. Die Ziele im Unternehmen werden im Top-Management definiert. Diese sind oft auch abstrakt und können nicht direkt in eine Social-Media-Kampagne übersetzt werden. Vor der Durchführung einer Social-Media-Kampagne müssen daher die Ziele des Top-Managements übersetzt werden. Hiernach erfolgt eine Identifikation der geeigneten Quellen. Anschließend folgt eine Gewichtung bzw. Relevanzbewertung der jeweiligen Social-Media-Quellen. Erst in dieser Phase wird deutlich, welcher Social-Media-Kanal infrage kommt.
Was ist eigentlich Social Media Monitoring?
Unser Social Media Monitoring richtet sich an Unternehmen, die wissen wollen, was über sie oder ihre Produkte in Social Media gesprochen wird. Es muss aber nicht immer produktbezogen sein. Das Monitoring hilft auch zu erkennen, welche Themen derzeit besonders häufig und in welcher Tonalität in Social Media diskutiert werden. Es ist also in engerem Sinne auch ein Social Media Research.
Wie läuft ein typischer Social Media Monitoring-Prozess ab und was gilt es dabei zu beachten?
Monitoring besteht im etablierten Webknowledge-Konzept insgesamt aus vier Prozessschritten. Bei der Identifikation finden wir zunächst die relevanten Social-Media-Quellen für das Unternehmen. Diese Quellen werden dann mit speziellen Erfassungstechnologien in ein Data Warehouse eingespeist. Aus den Ergebnissen erfolgt dann eine Analyse. Da kein Social Media Monitoring ziellos durchgeführt werden sollte, folgt hiernach der vierte Schritt: die Handlung oder eine Handlungsempfehlung. Hierbei sollte man auch wissen, dass eine Nicht-Handlung auch als Handlung zu bewerten ist. Man kann zum Beispiel nach einem Social Media Monitoring feststellen, dass man besser in Social Media nicht aktiv wird und nur die Zuhörer-Rolle einnimmt.
Was sind die Vorteile von Social Media Monitoring?
Primär geht es darum, aus der Menge von Informationen (Stichwort Big Data) im Social Web handlungsrelevantes Wissen für das Unternehmen abzuleiten. Social Media Monitoring beantwortet die wesentlichen Fragestellungen des Unternehmens: „Wie steht es um die Meinung über mich und über meine Produkte? Was treibt meine Zielgruppe?“ und „Wie kann ich meine Produkte, Prozesse und Image verbessern?“. Auch bei einem Social Media Engagement kann das Unternehmen vor einer Handlung dadurch erkennen, welche Gefahren und Chancen im Social Web vorhanden sind. Die Handlung in Social Media kann somit auf Basis der Monitoring-Ergebnisse entschieden werden und die Risiken werden minimiert, die sich durch den Einsatz ergeben können. Es geht aber auch darum, die Wertetreiber im Web für das Unternehmen zu identifizieren, damit es die Handlung auch profitabel durchführen kann. Während der Handlung kann das Unternehmen durch ein Monitoring die Ergebnisse quasi in Echtzeit sehen und auch nachsteuern.
Wie wirkt sich Social Media Monitoring auf das Social Media Marketing aus?
Meiner Meinung nach ist ein Social Media Marketing ohne ein Social Media Monitoring gefährlich und risikobehaftet. Einige Unternehmen starten oft ein Social Media Marketing, ohne vorher ihre Zielgruppe und auch den Nutzen für die Kampagne analysiert zu haben nach dem Motto: „Wir tun es, weil es alle anderen auch tun“. Social Media Monitoring vermeidet den Blindflug, indem es gezielt die richtigen Quellen identifiziert sowie die Kommunikationsart festlegt. So gewährleistet es den Erfolg eines Social Media Engagements.
Außerdem bekommt das Marketing sehr wichtige Insights über seine Zielgruppe durch die Auswertung von Tonalitäten. Hierbei ist die hohe Geschwindigkeit zu nennen, die Social Media Monitoring bieten kann. Ergebnisse sind meist innerhalb weniger Tage sichtbar, in vielen Fällen innerhalb weniger Stunden. Dies entspricht auch der Erwartungshaltung der Zielgruppe, die von Unternehmen sehr schnelle Reaktionen erwartet.
Reicht es aus, Webseiten, Foren und soziale Netzwerke zu beobachten oder sind spezielle Tools notwendig?
Ein reines Social Media Monitoring ohne den Einsatz von speziellen Tools ist für mich nicht vorstellbar. Es gibt sehr gut etablierte Hybrid-Verfahren. So kann man die Erfassung von Millionen von Daten beispielsweise einem speziellen Social Media Monitoring Tool überlassen. Das Tool kann dann aus dieser großen Menge die relevanten Themen automatisch erkennen (Topic Detection). Was am Ende der Selektierung übrig bleibt, ist eine überschaubare Menge von Daten, die dann manuell nach positiv, negativ und neutral von einem Menschen ausgewertet werden kann. Diese Bewertung ist dann in vielerlei Hinsicht genauer, als wenn eine Maschine das machen würde. Doch auch dieses Hybrid-Verfahren kommt ohne ein spezielles Social Media Monitoring Tool nicht aus. Wir nutzen bei infospeed das Social Media Monitoring Tool web2monitor, das sowohl vollautomatische als auch halbautomatische Verfahren der Erfassung und Auswertung bietet.
Welche Veränderungen erwarten uns im Bereich Social Media in naher Zukunft?
Ich denke, dass der Begriff „Social Media“ irgendwann verschwinden wird. Denn auch Social Media ist letztlich nichts weiter als das Web an sich. Bald wird sich das normalisieren und wir werden das, was wir heute unter Social Media verstehen, als selbstverständlich ansehen. Im Grunde hat sich das Web weiterentwickelt und der Begriff Social Media beschreibt quasi nur den Zustand des Webs. Letzten Endes sprechen wir aber immer noch vom Web. Ich denke daher auch, dass der in der Monitoring-Branche ursprünglich erstmals an der Fachhochschule Köln eingeführte Begriff u.a. von Prof. Dr. Matthias Fank „Webmonitoring“ passender für diese Dienstleistung ist.
Wir bedanken uns bei Herrn Dr. Sen für das Interview.