Original – Kopie – AdaptionDie TV-Serie im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeitvon Michael Scheyer
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Vielfach wurden die Begriffe vollständige Bedeutungsäquivalenz verwendet, um einen theoretischen Sachverhalt zu beschreiben. Doch es müsste klar sein, dass es eine vollständige Bedeutungsäquivalenz praktisch nicht geben kann. Und vor allem nicht bei der Synchronisation von TV-Serien.
Zum einen, weil eine Übersetzung per se immer auch eine Interpretation ist. Das heißt, dass der Grad an Äquivalenz an die Fähigkeit des Übersetzers gebunden ist, Bedeutungen und Codes zu erkennen, sie zu dekonstruieren und sie wieder neu zu konstruieren und auch an seine Intention. Zum anderen, weil die Praxis im überwiegenden Teil der Fälle aus wirtschaftlich und gesellschaftlich nachvollziehbaren Faktoren auf das Mittel der Synchronisation zurück greift, die per se keine vollständige Dekonstruktion ist.
Wird aber die Übertragung von TV-Serien im Zeitalter der digitalen Reproduktion als duplizierender und technologischer Reproduktionsprozess begriffen und eine verlustfreie Übertragung von den Zuschauern erwartet, so wird dies über die neuartige Sichtbarkeit und neuartige Vergleichbarkeit dazu führen, dass die Synchronfassung immer einem Trugschluss erliegt, nämlich dass sie sich bedeutungsäquivalent zu der originalsprachigen Fassung verhält. Es kann eine solche Äquivalenz nicht geben.