Geistiges Eigentum ist eine hochempfindliche Angelegenheit. Christine Wahl über kreativen Ideendiebstahl.
von C. Wahl
Mit Urheberrechten und Plagiatsprozessen beschäftigen Kreative sämtlicher Branchen bekanntlich ganze juristische Abteilungen. Und im Theater werden allzu offensichtliche Epigonen – beispielsweise von Frank Castorf oder Christoph Marthaler – gemeinhin wenigstens durch Publikumsgeringschätzung gestraft.
Vor diesen Hintergrund nimmt sich die Aufforderung, die Rahel Savoldelli heute Abend (21 Uhr) im Ballhaus Ost ausspricht, ziemlich ungewöhnlich aus: CopyME heißt ihre Einladung, die Grenzen zwischen Eigenschöpfung und Remix neu zu überdenken. Das Verhältnis zwischen Original und Kopie(n) gestaltet sich in diesem Projekt überaus kompliziert: Eine Musikerin spaltet sich in drei verschiedene Bandmitglieder auf, von denen zwei per Video zu sehen sind und eine zu Jack Nicholson mutiert. Mit solch spektakulären Selbstentgrenzungen können Ideenklauprozesse im wahren Leben meist leider nicht punkten. Das Statement des Abends aber besticht durch bodenständigste Klarheit: „Es ist möglich, mit dem Erfolg eines anderen ein eigenes Erfolgsgefühl zu verbinden!“
Was „copyME“ im Ballhaus Ost wirklich interessant macht, ist die Tatsache, dass man darin das Credo des Hauses sehen kann. Entgegen den branchenüblichen Abgrenzungsneurosen hält der künstlerische Leiter der Bühne, Uwe Moritz Eichler, seit jeher höchstselbst das solidarisch-kooperative Ideal von der Kreativität „als frei verfügbarer, beklaubarer Ressource“ hoch. Und hat gezeigt, dass man damit überaus erfolgreich sein kann: Vor genau drei Jahren mit riesigem Enthusiasmus, aber ohne einen einzigen Subventionspfennig gegründet, bekommt das Ballhaus Ost inzwischen vom Berliner Senat eine Spielstätten-Förderung und konnte mit seinem Konzept sogar die Kulturinitiative „Förderband Berlin“ überzeugen. Eichler erhielt eine der 300 dort ausgeschriebenen Stellen und wird jetzt für seinen Fulltime-Intendanzjob erstmals bezahlt. Also: Kreative aller Sparten, copy it!