Dezember/Januar 2000/2001
Hacker wohnen in dunklen Zimmern mit staubigen Vorhängen, haben eine Kaffetasse, kaum Freunde und eine Kundennummer bei „Call-A-Pizza“? Wake up!
Nostalgischen oder anderen Klischees zum Trotz sieht der aktuelle state of the art anders aus: Hacker werden Millionäre und lamentieren im TV über heroische Taten aka Gefängnisaufenthalte oder, und das ist interessanter, schreiben Bücher. Der Kölner Denis Moschitto und William Sen zum Beispiel, die mit ihrem „Szenebericht“ „Hackerland “ 1999 schon erste Schritte Richtung schreiben mit Papier unternommen haben. Jetzt gibt´s „Hackertales“ (Tropen Verlag / Klett-Cotta), und ja, es sind tatsächlich nicht nur Tipps, Tricks und Insidereien aus der Welt zweier Aktiver, sondern Geschichten, Fiktion, Schriftstellerei.
Man hat das Metier sanft gewechselt. William, *1975: „Ich war mal vor langer Zeit jemand, der sich gerne hinter seinem Rechner versteckt hat und einfach die Welt an sich vorbeiziehen ließ. Ich denke aber, dass jeden irgendwann die Realität einholt. Gerade jetzt, wo der Computer in unserer Zeit eine derart wichtige Position eingenommen hat, ist auch der Hacker keine zwielichtige ´Spezies´ mehr. Irgendwann gab´s den Wunsch, das Wissen weiterzugeben und die Wände um sich herum einstürzen zu lassen.“
Und in Denis hat er offensichtlich jemanden gefunden, der sowohl Bruder im Schreib- als auch im Hackergeiste ist. Sie schreiben nämlich zusammen, d.h. „in stundenlangen Telefonaten und Diskussionen“ werden Geschichten entworfen und abwechselnd bearbeitet mit wechselnden Anteilen, je nachdem wem die Geschichte „ganz besonders am Herzen liegt“.
Das Ereignis „Hackertales“ kann sich jedenfalls lesen lassen. Es sind Geschichten über Verräter, Gute, Böse, die Liebe und den Computer, und obwohl das Presseinfo die Unterscheidung zwischen Fiktion und Wirklichkeit „der mitwissenden Phantasie des Lesers“ überlassen will, haben die beiden ein recht properes Stück Erzählkunst hinterlegt, das nicht nur aufgrund seines Hintergrund-Informationsgehaltes bestehen kann. So planen Denis und William auch nicht, irgendeinen Militärflughafen, ein lukratives Kreditinstitut oder ähnliches lahm zu legen. Denis, 25 Jahre: „Ich denke unter anderem an Drehbücher, Romane und Theaterstücke. Dann kommen natürlich noch die Ideen hinzu, an denen William und ich gemeinsam brüten. Das sind dann meist dijenigen, die in richtige Arbeit ausarten.“
Und da beide von sich behaupten, die Grenzen des Legalen nie wissentlich gesprengt zu haben, bleibt mit Spannung abzuwarten, was als nächstes kommt.