Hackerland: Verbotene Spiele
Die Weltwoche, Ausgabe Nr. 33, 19. August 1999
Nein, man lernt aus diesem Buch nicht das Hacken. Und die Hoffnung, über die heimischen Tasten selbst in die inneren Kreise zu gelangen, verliert sich über der Schilderung von Passwortsperren vollends.
Aber thrilling liest sich dieses verbotene Spiel, das Zentren kapitalistischer Verwertung angreift und zu dessen Ambitionen es gehört teure Software spätestens am Tag ihrer Markteinführung zu knacken und als Raubkopie weiterzugeben. Am Ende dieser 165 Seiten ist klar: Der Genauigkeit eines Logbuchs dürfen diese Szeneinblicke allerdings nicht allzunahe kommen, sonst wären die Autoren in ernster Gefahr. Jener Computerfreak, dem es 1986 gelungen war, in den Rechner des Pentagon einzudringen starb nicht lange nach seiner Entdeckung in einem Benzinfeuer. Noch die mildeste Strafe, mit der die Szene ihre schwarzen Schafe selbst bestraft, ist der lebenslange Ausschluss aus ihrem Netz. Das aber wäre für Aficionados wie Moschitto (22) und Sen (24), die als 13-jährige ihr erstes Modem hatten und rasch in die engeren Hackerkreise kamen, eine Art sozialer Tod. Ihre ausführlichen Danksagungen zum Schluss signalisieren die Kontrolle ihrer Kreise. Sie mimen ganz die braven Jungs: Gerade hat der Leser noch geahnt, dass sie selbst sich jahrelang durch ein digital eingeschleustes „Trojanisches Pferd“ Passworte aus dem Rechner der Uni-Köln besorgt haben. Jetzt aber beschäftigen sie Argwöhnische mit dem Hinweis, dass für immer mehr Mitglieder die Szene zum Sprungbrett in die legale multimediale Berufswelt wird. Man darf also annehmen, dass sie die heissesten Geheimnisse unserer Echtzeit sorgsam aussparen. Umso ausführlicher erzählen sie von den Tricks der vergangenen neunziger Jahre: wie z. B. die „Phreaker“, also die Spezialisten für kostenloses Telefonieren, der Szene ihren weltweiten Datenaustausch ermöglichten durch Ausforschung jener Akustik-Trennzeichen, die den Zähler stoppen, aber die Verbindung bestehen lassen.
E. Faude