Montag, 15. November 1999
Autorenparty für Computerfreaks
Oft ist es nur eine einfache Charakteranalyse, die es den Hackern möglich macht, in das System einzubrechen. Die Tür ist das Passwort. „So mancher Systembetreiber ist immer noch blauäugig genug, den Namen der Freundin als Zugangspasswort zu nutzen“, schreiben William Sen und Denis Moschitto in ihrem Buch „Hackerland“. Insgesamt 80 Hacker und Cracker (letztere sind Szene-Mitglieder, die sich auf das Entfernen des Kopierschutzes spezialisiert haben) trafen sich Samstagabend zu einer Computerparty, die parallel zur „Home Electronics World 99 Messe“ von den Autoren in dem Gastro-Betrieb „Rheinländer“ veranstaltet wurde.
Aus ganz Europa kamen die Computerfreaks, um sich auf der Messe die Spiele zu holen und diese dann zu cracken. Ihre eigentlichen Namen geben die Cracker nicht bekannt. Unter Codenamen – so genannten „Handles“ – verrichten sie ihre Arbeit, um für die Polizei unbekannt zu bleiben, sich in der Szene allerdings einen Namen zu machen. Früher trafen sich Hacker aus aller Welt, um Disketten illegalen zu kopieren, heute ist das auf Grund des Internets nicht mehr nötig, die Freundschaftspflege ist in den Vordergrund gerückt. So war Samstag auch nur ein Computer aufgebaut – und auf dem wurde einfach nur ein bisschen gespielt.
Eine richtig „weiße Weste“ haben die wenigsten, die sich auf der Party einfanden. „Das hat zwei Gründe, einmal der Respekt, den man nur erlangt, wenn man was vorweisen kann. Zum anderen sind es die Kosten, die durch das Hacken und Cracken eingespart werden“, sagte Moschitto. Von einigen Hackern war zu erfahren, dass sie schon Firmen um mehrere Hunderttausende Markt geprellt hätten. Raubkopien, Kreditkartenbetrug oder kostenloses Telefonieren – trotz neuer Sicherungssysteme ist das immer noch möglich.
Aber es werden auch immer wieder Hacker erwischt. „Digiman“ steht zur Zeit vor Gericht, da er „umsonst telefoniert“ hat. Der größte und bekannteste Jäger der Hacker und Cracker ist Rechtsanwalt Günter Freiherr von Gravenreuth, auch er folgte der Einladung. „Den Feind zum Freund machen“ war die Intention der Einladung, erklärte William Sen. Dennoch ließ er es sich die Computerfreunde nicht nehmen, zur Gaudi aller Schaulustigen auf ein Konterfei des Hacker-Jägers mit Dart-Pfeilen zu werfen.