Heute eröffnet in Nürnberg das “liquid hacking laboratory”
Computer sind auch nur Menschen. Sie bekommen Depressionen, wenn sie in die Ecke gestellt werden, weil sie alt, hässlich oder zu langsam sind. Im “liquid hacking laboratory” von Cornelia Sollfrank in der Albrecht-Dürer-Gesellschaft (ADG, Füll, 12. bis 22. Oktober) steht auch so ein trauriges Opfer des Fortschritts. Ein flügellahmer Commodore zwischen bunten PC-applen, die mit verlockenden Netz-Werken gefüllt sind.
Da laden die Australier Josephone Starrs und Leon Cmielewsko in ihre 3D-animierte Traumküche, in der vergessene Kugelschreiber unter dem Kühlschrank und andere Objekte ein Eigenleben führen, – wohlwissend, dass jeder Besuch unweigerlich wüste Spuren hinterlässt. Die “ASCII”-Kamera des Slowenen Vuk Cosic spukt Passbilder aus, die das Konterfei des Fotografierten in Buchstaben der ASCII-Computersprache verschlüsselt zeigen, was – wie eine andere Installation beweist – auch mit Videoaufnahmen aus dem Galerieraum funktionier. “Ein schönes Spielzeug”, sagt Sollfrank, die es dem Betrachter überlässt, ob er die in der ADG gezeigten Arbeiten als Netzkunst bezeichnen möchte. Das gilt auch für die Produkte ihres “net.art generator”, der aus einem in den Computer gespeisten beliebigen Titel und Künstler-Namen ein Kunstwert bastelt.
Neun internationale Medienkünstler und ein Maler zeigen ihre Arbeiten in Sollfranks Labor, in dem sich fünf Tage lang auch Spezialisten zum Wissensaustausch in geschlossener Gesellschaft treffen: Netzkünstler und Computerhacker. Was sie verbindet ist neben Experimentierfreude der Wunsch, unter die Oberfläche zu gehen, zu stören und zu irritieren, seien es Computersysteme oder Wahrnehmungsmuster. Interessierten Besuchern wird dieser Gedankenansatz vom 22. bis 26. September jeden Abend um 19 Uhr im Rahmen von öffentlichen Präsentationen näher gebracht. So spricht etwa die Amerikanerin Kate Rich am Samstag darüber, wie sie mit einem Miniatur-Flugzeug über dem Silicon Valley die “voranschreitende Entwicklung des Informationszeitalters” auszukundschaften versuchte, und plaudern Evrim Sen und Denis Moschitto am 26.9. über die Hackerszene. Neugierig macht schon der erste Gast, der heute um 19:30 Uhr zur Eröffnung kommt: Alexei Shulgin und seine “386 dx cyberpunk rockband”.
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