Wer allerdings glaubt, dass alle Mitglieder der Scene nur ihr Hobby ausleben wollen, der irrt. Einige Leute in der Scene haben einen guten Geschäftssinn.

Viele Softwareprogramme, die gecrackt werden, sind auch zum Verkauf bestimmt. Teure Programme werden in großen CD-Werken gepresst und von der Scene auch gewöhnlichen Nutzern angeboten. Die von der Scene zusammengestellten CD-Pakete kosten nur einen Bruchteil der Originalsoftware, deren Preis sich beim Kauf im Fachhandel auf mehrere tausend Mark belaufen würde.

Die Scene macht durch diesen Verkauf von illegal hergestellten CDs einen riesigen Profit. Die dabei erzielten Gewinne liegen im sechsstelligen Bereich. Mehrere gecrackte Programme werden auf eine CD gepackt und in großer Anzahl, häufig bis zu 30.000 Stück pro Auflage, gepresst. Frisch aus den Pressanlagen der CD-Massenproduktion werden dann bis zu 1.000 CDs an den ersten Zwischenhändler verkauft. Der wiederum gibt die Ware an den nächsten Kunden für bis zu 40 Mark pro Exemplar weiter, meist in kleineren Mengen zwischen 30 und 300 Stück. Dieser liefert dann die CDs an den Endverbraucher, der für ein professionell gepresstes Stück bis zu 100 Mark ausgibt.

In den letzten Jahren hat sich sogar, ohne dass die Polizei auch nur einen Fall offiziell bekanntgegeben hätte, die Herstellung illegaler DVDs etabliert. Auf eine herkömmliche DVD, die man von der Scene randvoll mit Schwarzkopien bepackt erhalten kann, passen ca. 4,5 Gigabyte an Daten. Das ist umgerechnet der Inhalt von mehr als 6 CDs.

Alle Programme, die sich auf solchen Datenträgern befinden, sind „cracked and registered“, das heißt, dass die Software in Form von Vollversionen vorliegt, sofort installierbar und ohne Einschränkungen nutzbar ist.

Die polizeilichen Ermittlungen in diesem Bereich sind sehr schwierig, denn illegal gepresste Datenträger sehen immer wie kommerzielle Produkte aus. Sie beinhalten einen provisorischen Barcode und ein professionelles Coverdesign. Darüber hinaus haben diese Datenträger keine Seriennummer, und so wird es fast unmöglich, ihre genaue Herkunft zu bestimmen.

Bis vor kurzem wurden die meisten Schwarz-CDs in Holland gepresst. Dort gab es Massenhersteller, die im Grunde nicht mehr so genau darauf achteten, was sie pressten und auf Wunsch des Kunden auch mal gerne auf die Seriennummer verzichteten, solange die Menge der Bestellung lohnend für sie war.

Mittlerweile hat sich dieser Trend auf weitaus günstigere Länder wie Tschechien, Polen und Russland verschoben. Die fertigen Waren werden per PKW nahezu risikolos nach Österreich geliefert und von dort aus unter anderem nach Deutschland versandt. Bestellungen laufen meist über den gewöhnlichen Postweg. Kleinere Stückzahlen bis zu 100 CDs werden sicher verpackt an den Empfänger gesendet, meist mit Nachnahme.

Je nach Vereinbarung können größere Stückzahlen auch persönlich abgeholt werden. Voraussetzung ist eine Mitgliedschaft in der Scene und die richtigen Beziehungen. Diese Art der Piraterie hat sich vor allem in Europa, verstärkt in Deutschland, Holland und Frankreich etabliert.

Das Cover des "Crazy Bytes" CD Sammlung, einer der ersten Schwarzkopien-CDs, die man "unter der Theke" erhalten konnte.

Das Cover des „Crazy Bytes“ CD Sammlung, einer der ersten Schwarzkopien-CDs, die man „unter der Theke“ erhalten konnte.

Wie wenig Einblick in diese Strukturen die Polizei immer noch hat, verdeutlicht folgendes Beispiel: Vor einigen Jahren verkündeten die Medien den weltweit größten Schlag gegen Softwarepiraterie. Die CD-Reihe „Akira“, die von der Scene Group „Loopteam“ in einer Auflage von 100.000 CDs je Ausgabe illegal vertrieben wurde, ging der Polizei ins Netz. Dabei war die Gruppe relativ neu im Geschäft, waren sie doch gerade erst bis zur 6. Auflage gekommen. Gleichwertige CDs mit Namen wie „Twilight“, „Blade“ und „Crazy Bytes“ werden aber bereits seit Jahren in noch viel höheren Auflagen verbreitet.

Die eigentlichen Köpfe der CD-Piraten sind Leiter von Scene Groups, die schon in den Anfängen der Scene ihre ersten illegalen Geschäfte abgewickelt haben. Darunter gehören Groups wie beispielsweise Razor 1911 (Abkürzung RZR) und Fairlight (Abkürzung FLT).

Wenn man tiefer in die Scene involviert ist, begegnet man oft Mitgliedern solcher Gruppen. Man trifft sie bei Freunden oder auf Veranstaltungen der Scene. Die Namen derer, die durch ihre illegalen Tätigkeiten bekannt wurden, werden in der Scene mit großem Respekt genannt. Für jemanden mit den nötigen Referenzen (Refs) ist es nicht sonderlich schwer, in das boomende CD-Geschäft einzusteigen. Andere müssen sich jedoch gegen eine Mauer der Arroganz durchsetzen, die bisher nur wenige durchbrochen haben. Denn die richtige Elite der Scene gibt sich nicht mit Neulingen (Lamer) ab – schon gar nicht mit denen, die die Werte der Scene nicht kennen und respektieren.


1. Softwarepiraterie

Die ersten Schwarzkopierer
Der Cracker
Hand in Hand: Softwarefirmen und Schwarzkopierer
Der Schwarzhandel mit CDs
Schwarzkopien im Internet