Heute gibt es Hunderte von illegalen Gruppen in der Scene, die kopiergeschützte Software cracken und verbreiten.

Je ausgetüftelter der Kopierschutz in einem Programm ist, desto höher ist der Ansporn für einen Cracker, diesen zu entschlüsseln. Die Gruppen der Scene, die sich speziell dem Cracken von Software gewidmet haben, brauchen einen Lieferanten. Dieser wird in ihren Kreisen Supplier genannt. Ein Supplier ist jemand, der für seine Gruppe Originalsoftware beschafft, oft noch bevor sie auf den Markt kommt.

Große Cracking Groups haben aufgrund ihrer guten Kontakte häufig einen Supplier direkt in den Softwarefirmen selbst. Dies sind beispielsweise Angestellte in den unterschiedlichsten Positionen, die die Software noch während der Entwicklungsphase vom Arbeitstisch stehlen, um sie an Cracker weiterzuleiten.

Fusion Cracktro

In dem Cracktro der Cracking Group Fusion
wird sogar der Supplier selbst in den Credits aufgeführt

Derartige Dienste der Supplier werden honoriert. Die Gegenleistung besteht oft aus Software. Bei großen Softwarefirmen mit Hunderten von Mitarbeitern scheint es so gut wie unmöglich, einen „Spion“ wie diesen dingfest zu machen. Wirklich kompliziert wird die Angelegenheit dann, wenn führende Angestellte selbst einmal in der Scene waren und Software an ihre ehemalige Cracking Group aus Loyalität weitergeben. Wie auch immer ein Softwareprodukt in die Scene gelangt, eines ist sicher: Software wird so oder so, früher oder später und unabhängig von der Art des Produktes gecrackt und als Schwarzkopie (NONPD) in Umlauf gebracht. Dies kann niemand verhindern.

Auch kleinere Softwarefirmen, deren Mitarbeiter nicht unbedingt in Kontakt mit der Scene stehen, weisen Sicherheitslücken auf, durch die Software in die Hände der Cracking Groups fällt. Eine für die Scene ganz wichtige Schwachstelle bilden die sogenannten Betatester. Software, die sich noch in der Entwicklungsphase befindet, muss verständlicherweise vor ihrer Veröffentlichung getestet werden. Für solche Aufgaben werden die unveröffentlichten Programme an Betatester weitergeleitet, welche die Software nach Fehlern untersuchen und überprüfen. Betatester sind meist Benutzer, die in einem freien Arbeitsverhältnis mit den Softwareproduzenten stehen. Und tatsächlich gibt es immer wieder Tester, die das in sie gesetzte Vertrauen auf diese Weise missbrauchen, indem sie das noch nicht fertiggestellte Produkt an eine Cracking Group weitergeben oder verkaufen.

Eine weitere Schwachstelle bilden die Medien. Ein Softwareunternehmen muss, wenn es mit ihrem Produkt erfolgreich sein will, die vor der Veröffentlichung stehende Software an verschiedene Pressestellen senden, um ihr schon vor dem Erscheinungstermin positive Besprechungen zu ermöglichen. Die Mitarbeiter einer Computerzeitschrift bekommen auf diesem Wege bereits im Vorfeld Softwareprogramme verschiedenster Art zu sehen, lange bevor der Privatanwender die Möglichkeit hat, das Produkt zu kaufen. Auch hier haben Cracking Groups ihre Kontakte und erhalten vom Praktikanten bis zum Chefredakteur unveröffentlichte Software aller Kategorien.

Cracking Groups sind meist gut organisiert und arbeiten systematisch. In einer Cracking Group gibt es Mitglieder, die verschiedenen Aufgabenbereichen (Sections) zugeteilt sind. Der Leiter (Leader) der Gruppe kennt Supplier, ohne die eine Cracking Group in der Scene nicht erfolgreich sein kann. Zu den Aufgaben eines Leiters gehört es auch, zu bestimmen, wer der Gruppe beitreten darf (join) und wer sie wieder verlassen muss (kick). Der sogenannte Trader in der Gruppe sorgt für die weltweite Verbreitung der Software. Er hat internationale Beziehungen zu den Beitreibern (Sysop) von Warez Sites (Board), zu denen er täglichen Kontakt pflegt, um gecrackte Software (Warez) zu verteilen (spread). Bis vor einigen Jahren war es auch Gang und Gebe, dass der Telefonhacker (Phreaker) den Trader mit für ihn wichtigen Daten und Arbeitsmaterial belieferte. Die Versorgung reichte von gestohlenen Calling-Card-Nummern bis hin zu Kreditkarten, damit die Verbreitung der Software reibungslos und vor allem kostenfrei erfolgen konnte. Der Musiker (Musician) produziert in der Regel die Computermusik (Cracktune) für einen von der Cracking Group angefertigten Vorspann (Cracktro), der von einem Programmierer (Coder) ausgeführt wird. Der Vorspann erscheint vor je dem gecrackten Programm und präsentiert den Namen der Cracking Group.

Ist beispielsweise ein schwarzkopiertes Spiel, das man an seinem Computer startet, von einer Gruppe namens „Shining-8“ gecrackt worden, erscheint beim Start auf dem Bildschirm die Meldung wie in etwa: „Cracked by Shining-8“. Manchmal ist sie auch nur auf der Installationsdatei deutlich angebracht.

Skid Row Cracktro

Ein Cracktro der Gruppe Skid Row von 1990

Durch das Internet ist es jedem Benutzer möglich, an diese ge-crackte Software, bzw. Schwarzkopie heranzukommen. Softwarefirmen bieten ihre Produkte heutzutage meist vor dem Kauf den Benutzern zu Testzwecken an. Mit der sogenannten Trial-Version, kann der Benutzer die Software für eine bestimmte Zeit, beispielsweise 30 Tage, nutzen. Nach Ablauf dieser Frist erhält er die Aufforderung, sich das Original zuzulegen und die Software aktiviert selbständig eine Sperre, die den Anwender an der weiteren Nutzung hindert. Derartige Trial-Versionen können von den Softwarehäusern kostenlos über das Internet bezogen werden. Es ist im Interesse der Softwarefirma, dass Anwender das Programm vorher testen, bevor sie sich zum Kauf entscheiden. Die Cracker haben sich diesen Umständen zunutze gemacht und bieten Dateien an, die solche Trial-Versionen zu vollwertigen Versionen umwandeln. Dazu muss der Benutzer diese Datei (Crackpatch) meist nur starten und die beschränkte Testversion, die er zuvor auf seinem Rechner installiert hat wird automatisch zur Vollversion. Bei einigen Trial-Versionen reicht auch nach dem Kauf die Eingabe der Seriennummer aus. Dann werden von Cracking Groups kleine Programme angeboten, die sich Keyge-nerator (abgekürzt: Keygen) nennen und gültige Seriennum-mern generieren können.

Selbst kommerzielle Internetportale haben hier eine Marktlücke entdeckt und bieten im Internet spezielle Suchmaschinen an, die nur nach solchen Crackpatchs und Keygens suchen. Dabei ist die Betreibung der Suchmaschine meist legal, je nachdem in welchem Land sie sich befindet. Sie schützen sich mit dem Argument, dass sie nicht die komplette Software als Schwarzkopie anbieten und somit nicht das Urheberrecht verletzen. Auf diese Weise gelangen gewöhnliche Anwender, die weder zur Scene gehören, noch irgendetwas mit anderen Hacker-Subkulturen gemeinsam haben, zu Schwarzkopien. Auf folgenden Homepages kann jeder Internetbenutzer nach solchen Crackpatches suchen: […]

Es gibt Scene Groups und Scener, die mit der Verbreitung ihrer Cracksoftware weltweit bekannt wurden. Das liegt zum Teil daran, dass ihre gecrackte Software in fast jedem Land der Welt zu finden ist. Das Cracken von Programmen ist in der Scene zu einem routinierten Vorgang geworden und wird permanent betrieben. Um die Gruppe oder den eigenen Namen bekannt zu machen, kann die Veröffentlichung von Cracksoftware äußerst hilfreich sein, jedoch ist dies nicht einfach. Jeder Cracker bringt daher langjährige Programmiererfahrung mit, die ohne eine gewisse programmiertechnische Kreativität nicht wirklich von Nutzen wäre.


1. Softwarepiraterie

Die ersten Schwarzkopierer
Der Cracker
Hand in Hand: Softwarefirmen und Schwarzkopierer
Der Schwarzhandel mit CDs
Schwarzkopien im Internet